Sechs Monate Dunkelheit können so schlecht nicht sein. Zumindest nicht, wenn man danach geht, welch großartige Musiker das halbjährig finstere Finnland hervorbringt. Jüngstes Beispiel: The Scenes, sechs Herren, allesamt unter 23 Jahre alt und mit ihrem zweiten Album »Beige« [Partnerlink] angetreten, der Rockmusik ihre Genreschubladen um die Ohren zu hauen. Und ihr altbewährtes Strophe-Refrain-Muster gleich noch mit dazu.
Statt ausgetretene Wege zu beschreiten, ist Gitarrist und Hauptsongwriter Miki Liukkonen jeden der zehn Songs völlig frei und ungezwungen angegangen. Süßer Pop existiert neben psychedelischem Flirren neben brachialer Gitarrenwand. Komplex und einfach, große Geste und Understatement. Nichts muss, alles kann. Dazu schwingt Sänger Konsta Koivisto seine Stimme voluminös in die Höhe, lässt sie kippen, rollen und in die Tiefe trudeln, wo sie zornig ausbricht, um gleich darauf wieder sanft zu schmeicheln. Alles, ohne auch nur im Entferntesten angestrengt zu wirken. Fast so, als sänge Mike Patton jetzt bei den Hives, als habe Cedric Bixler-Zavala neuerdings bei Interpol angeheuert.
Jeder Song ist in sich eine Schönheit. Auf Albumlänge vereint jedoch klingen sie wie ein ausgeklügelt ineinanderfließendes Crescendo mit dem epischen »Mythopoesis« als Höhepunkt. Danach fegen Barock anmutende Bläser im finalen »King For A Day« alles zusammen und blasen die Kerze aus. Dunkelheit. Grandios.
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