Jetzt haben sie also tatsächlich noch einmal eine Platte gemacht, die Großmeister des »Not giving a Fuck«. Jim und William Reid hatten seit jeher so viel »Scheiß drauf!« im Habitus, dass selbst die Gallaghers in ihren derbsten Momenten neben ihnen wie ein Pfadfinderausflug wirkten. Konzertabbrüche in Feedbackorgien, Schimpftiraden auf Journalisten und Fans, Drogen, zerschlagenes Equipment und immer wieder Streitereien: The Jesus And Mary Chain zerbrachen 1999 im Zwist zwischen den beiden Brüdern.
Seit einem Jahrzehnt reden sie wieder miteinander. Oder zumindest machen sie wieder zusammen Musik. Jetzt folgt mit »Damage And Joy« [Partnerlink] das erste Album seit knapp 20 Jahren. Und das tritt vor allem bei denjenigen Fans offene Türen ein, die bei der Rückkehr altbekannter und ‑beliebter Bands nicht allzu viel Veränderung möchten. Problemlos stehen diese 14 Songs in der Tradition jener Tage, als die Reids und ihre wechselnden Bandbesetzungen dem Shoegaze-Genre maßgeblich ihren Stempel aufdrückten. Wenn sie nicht gerade redundant auf den nächsten Ausbruch hincrescendoen, dringen die Gitarren durch einen dröhnenden Effektnebel ans Ohr, während das Schlagzeug mit saftiger Snare und offenem Hi-Hat treibt.
Auf allem liegt Hall, Hall und nochmal Hall. Derweil klingt der Gesang so lässig dahergenöhlt, wie man nur singt, wenn man 24 Stunden des Tages hinter einer Sonnenbrille verbringt. Die Musik der Reid-Brüder wirkt nach wie vor unfassbar zurückgelehnt, quasi im Vorbeigehen alles im Griff habend, lärmend und melodisch zugleich. Großmeister eben. You went away but now you‘re back! Ein Album wie gemacht für Trockeneisnebel und kaltes Stroboskoplicht. Und für die Jahres-Top‑5.
Zum Reinschnuppern, der Album-Opener namens »Amputation«:
Der im Text mit [Partnerlink] markierte Verweis wurde von mir im Rahmen meiner Teilnahme am Partnerprogramm der Amazon EU S.à r.l. gesetzt. Weitere Hinweise dazu finden sich im Impressum dieser Seite.
Ja, richtig nachgezählt. Das sind diesmal deutlich mehr als 1.000 Zeichen. Ich bin halt Fan. »Ist das Herz voll, läuft der Mund über«, hat meine Oma immer gesagt.
Fucked up girls love drugged up guys!
Keine Ahnung, ob Du das damit sagen wolltest, aber textlich sind Jim und William fraglos auch nach zwei Jahrzehnten noch auf Pubertäts-Niveau unterwegs. Drogen, Frauen und Misanthropie, alles serviert in Reimen der Kategorie »Nee, echt jetzt?«. Trotzdem irgendwie gut. Wie gesagt: Ich bin Fan.