TweetUp im RLT Neuss: »Die Nibelungen« auf die Hand

TweetUp Rheinisches Landestheater Neuss: Die Nibelungen

Ver­gan­ge­nen Don­ners­tag habe ich eine gan­ze Rei­he Leu­te getrof­fen, von denen ich schon unge­fähr seit der Schul­zeit nichts mehr gehört oder gele­sen hat­te: Ute und Kriem­hild, zum Bei­spiel, aber auch König Gun­ter, Sieg­fried, Hagen Tron­je und Brun­hild. Ermög­licht wur­de die­ses Wie­der­se­hen durch die bezau­bern­den Her­bergs­müt­ter und das Rhei­ni­sche Lan­des­thea­ter. Unter dem Mot­to »Die Nibe­lun­gen auf die Hand« hat­ten die­se gemein­sam zu einem Tweet­Up nach Neuss ein­ge­la­den, bei dem wir Teil­neh­mer unter ande­rem der Pro­be zwei­er Sze­nen aus den »Nibe­lun­gen« bei­woh­nen durften.

Das Twit­tern, Insta­gram­men oder Face­boo­ken der Ein­drü­cke, die wir dabei gewan­nen, war nicht nur erlaubt, es war aus­drück­lich erwünscht. Schon in den Tagen zuvor hat­te es unter dem Hash­tag #Nibel­Ne auf den ein­zel­nen Kanä­len ordent­lich gebrummt. Am Abend selbst soll­te es genau­so mun­ter wei­ter­ge­hen. Und die Rück­mel­dun­gen zeig­ten, dass Men­schen in ganz Deutsch­land unse­ren Thea­ter­be­such verfolgten.

Lie­be, Ver­rat, Intri­gen, Mord und Tot­schlag: Das Nibe­lun­gen­lied han­delt von den ganz gro­ßen The­men. Zumin­dest Bruch­stü­cke des Hel­den­epos – Sieg­fried, Dra­chen­blut, Lin­den­blatt – dürf­ten so ziem­lich jedem geläu­fig sein. Grund­la­ge der Insze­nie­rung in Neuss ist eine drei­tei­li­ge Büh­nen­fas­sung des Nibe­lun­gen­lieds, die Fried­rich Heb­bel 1861 ver­öf­fent­lich­te. Am Rhei­ni­schen Lan­des­thea­ter sind dar­aus zwei Tei­le gewor­den: »Sieg­fried« und »Kriem­hilds Rache«. Aus »Sieg­fried« stam­men die bei­den Sze­nen, die uns das Ensem­ble an die­sem Abend zeig­te. Bevor es in den Saal ging gaben uns Dra­ma­tur­gin Bar­ba­ra Noth und Inten­dan­tin Bet­ti­na Jahn­ke im Foy­er Ein­bli­cke in den Hin­ter­grund des Stücks und die Her­an­ge­hens­wei­se an die Inszenierung.

In mehrere Richtungen geöffnet

Pro­ben fin­den für gewöhn­lich unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit statt. Hier setzt sich das Ensem­ble mit dem Stück aus­ein­an­der, ent­wi­ckelt sei­ne Fas­sung, macht Feh­ler und geht Din­ge dann neu an. Ein­bli­cke in die­sen Pro­zess zu gewäh­ren, ist für die Men­schen am Thea­ter kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit. Umso erstaun­li­cher und dan­kens­wer­ter ist es, dass sich das Rhei­ni­sche Lan­des­thea­ter mit sei­nen »Nibe­lun­gen« gleich in meh­re­re Rich­tun­gen geöff­net hat. Wobei wir dies­be­züg­lich nur das Tüp­fel­chen auf dem i waren. Zuvor hat­te schon ein Kame­ra­team für den Dreh einer Heb­bel-Doku­men­ta­ti­on sogar Tei­le der ganz frü­hen Pro­ben beglei­tet. Dar­über hin­aus war es zu einem Col­lo­qui­um mit Stu­die­ren­den der Hein­rich Hei­ne Uni­ver­si­tät aus Düs­sel­dorf gekom­men, von denen eini­ge beim Tweet­Up auch zuge­gen waren. Der Ori­gi­nal-Heb­bel hier, sei­ne prak­ti­sche Umset­zung samt Strich­fas­sung dort: Für Ger­ma­nis­ten und Thea­ter­leu­te war der Aus­tausch glei­cher­ma­ßen befruch­tend. Auch dies erfuh­ren wir im Vor­feld der Pro­be. Danach ging es in den Saal.

Noch am Nach­mit­tag hat­te das Ensem­ble sei­ne ers­te AMA-Pro­be (Kos­tü­me, Kulis­se, Sound: Alles Mit Allem) gehabt. Sechs Stun­den hat­te die­se gedau­ert. Doch von Erschöp­fung als eigent­lich logi­sche Fol­ge war nichts zu spü­ren. Ganz im Gegen­teil: Gleich von Anfang an wur­de mit einer enor­men Wucht los­ge­bal­lert. Zack, wur­de ich in das Stück hin­ein­ge­saugt. Mini­ma­lis­ti­sches Büh­nen­bild, inten­si­ves Spiel, sphä­ri­sche Klän­ge, die zudem live ein­ge­spielt wer­den: Vom Gro­ßen des Gan­zen gefan­gen, war zwi­schen­zeit­lich an Twit­tern gar nicht zu denken.

Herausforderung Theater-TweetUp

Zumin­dest für mich ist ein Tweet­Up im Thea­ter ohne­hin eine gänz­lich ande­re (und an die­sem Abend neue) Her­aus­for­de­rung als bei­spiels­wei­se in einem Muse­um: Die Über­win­dung, das Smart­phone anzu­schmei­ßen, ist grö­ßer. (Im Nach­hin­ein berich­te­ten die Schau­spie­ler jedoch, vom Glim­men der Dis­plays nichts mit­be­kom­men zu haben.) Die Ein­drü­cke wol­len noch schnel­ler in Wor­te gefasst wer­den. Die Chan­ce, Essen­ti­el­les zu ver­pas­sen, scheint unfass­bar groß. Gera­de­zu bru­tal riss uns das Ende der Pro­be wie­der aus der Welt, in die wir kopf­über getaucht waren. Und in die ich dem­nächst unbe­dingt zurück­keh­ren wer­de. Am 21. Sep­tem­ber fei­ern »Die Nibe­lun­gen« mit einer Dop­pel­vor­stel­lung der bei­den Tei­le Première.

Was unbe­dingt noch ein­mal expli­zit for­mu­liert gehört: Herz­li­chen Dank für Ein­la­dung, Orga­ni­sa­ti­on, W‑Lan und die­ses groß­ar­ti­ge Erleb­nis an Rhei­ni­sches Lan­des­thea­ter und Her­bergs­müt­ter. Die Ein­drü­cke wei­te­rer Besu­cher fin­den sich hier, hier, hier und hier.

2 Kommentare zu “TweetUp im RLT Neuss: »Die Nibelungen« auf die Hand”

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Benötigte Felder sind mit einem * markiert …