Mit einer Fahrradtour beteiligt sich das Deutsche Museum Bonn an den Aktivitäten rund um das Wissenschaftsjahr 2013. Per GPS-Gerät oder Smartphone können sich interessierte Radler durch Bonn führen lassen, um verschiedene Aspekte des demografischen Wandels vermittelt zu bekommen. Dabei lernen sie, diesen als Chance zu begreifen.
»Blip«, macht das Gerät, das um meinen Hals hängt. Sein Display unterfüttert das recht unauffällige Geräusch mit der passenden Information: »Sie haben die Koordinaten erreicht.« Vor mir erhebt sich der Bismarckturm. Der schwarze Klotz in der Rheinaue ist demnach die erste Station auf der Tour, zu der ich mich eine gute Viertelstunde zuvor am Deutschen Museum Bonn aufgemacht habe. Ein Blick in mein Smartphone, auf die zugehörige Seite, bestätigt den Eindruck. Von Bismarck handelt der Artikel zur ersten Station und vor allem von der Rentenversicherung, die der eherne Kanzler 1889 unter einem damals noch anders, weit klobiger lautenden Namen eingeführt hat. Ein kleines Rätsel am Ende des Artikels verrät mir die Koordinaten der zweiten Station. Weiter geht’s.
Ein spannendes und nicht zuletzt zukunftsrelevantes Thema ist zum Leitmotiv des Wissenschaftsjahres 2013 erkoren worden: der demografische Wandel, oder besser: die demografische Chance, wie es die Organisatoren des Wissenschaftsjahres selbst formulieren. Wie schon in den Vorjahren beteiligt sich das Deutsche Museum Bonn auch diesmal mit einem eigenen Event an den Veranstaltungen. Als experimentierfreudiges Museum präsentiert es die dazugehörigen Inhalte aber nicht einfach nur in den eigenen vier Wänden. Mittels einer per GPS geleiteten Fahrradtour führt das Deutsche Museum Bonn alle Interessierten von der eigenen Türschwelle hinaus in das Stadtbild Bonns, um ihnen unmittelbar vor Ort die verschiedenen Aspekte des demografischen Wandels zu unterbreiten.
Die Alten werden älter, die Jungen werden weniger: Soweit dürften die nackten Fakten des viel zitierten Wandels bekannt sein. Weitaus detailliertere Informationen erfährt man im Laufe der Tour. Zu jeder Station gibt es einen ausführlichen Artikel, der, sofern online gelesen, gespickt ist mit weiterführenden Links zum Thema. Da ist von der Rente die Rede, von der Zukunft der Arbeit und der Bildung, von alternativen Lebensentwürfen, von Vielfalt und Gesundheit. Rätsel an den Stationen geben Hinweise auf die jeweils nächste Etappe. Ersonnen und konzipiert wurde die Rundfahrt in Kooperation mit dem Kunsthistoriker Helge David, der sich schon seit geraumer Zeit auf verschiedenen Wegen um die Erweiterung des Kulturraums ins Digitale bemüht. Nun also dieses, mit »Educaching-Tour« überschriebene, Projekt. Und die Wortschöpfung zwischen Education und Geocaching trifft den Nagel tatsächlich auf den Kopf: Die Tour ist Wissenserweiterung, gepaart mit einer Runde an der frischen Luft und dem Spaß einer Schnitzeljagd.
Für die Teilnahme ist der Besitz eines Smartphones nicht von Nachteil. Mit passenden Apps lassen sich die Geodaten punktgenau ansteuern und die Essays zu den Stationen online lesen. Die Texte sind für Kinder und Jugendliche sehr gut verständlich, ohne dass sie Erwachsene dadurch unterfordern würden. »Eine unserer Aufgaben als Museum ist es, Jugendliche früh für Inhalte und Themen zu begeistern«, erklärt Direktorin Andrea Niehaus. »Und als technisches Forschungsmuseum tun wir dies natürlich am liebsten unter Anwendung moderner Technik.« Doch auch ohne eigenes mobiles Endgerät kommt man gut zurecht. Im Deutschen Museum Bonn kann man GPS-Navigationsgeräte ausleihen, während es die Artikel dort gebündelt im Broschürenformat gibt. So steht einer lehrreichen Runde durch Bonn wirklich gar nichts mehr im Wege.
Der Artikel erschien ursprünglich in der Septemberausgabe der »Schnüss«. Das Foto wurde mir freundlicherweise von Helge David zur Verfügung gestellt.