Das Cluetrain Manifest

Löhrzeichen

In der dies­jäh­ri­gen Febru­ar­aus­ga­be des Maga­zins »brand eins« hat­te ich erst­mals vom »Clue­train Mani­fest« gele­sen. In die­sem Buch [Part­ner­link], geschrie­ben von meh­re­ren Autoren im Jahr 1999, dreht sich alles um die Zukunft der Märk­te und des Mar­ke­tings in einer zuneh­mend ver­netz­ten Welt. Den zen­tra­len Teil stel­len dabei 95 The­sen (Schö­nen Gruß von Mar­tin Luther) dar, die die Autoren gemein­sam for­mu­liert haben – laut Unter­ti­tel des Buchs »the End of Busi­ness as usual«.

Durch den Arti­kel ange­fixt, habe ich mir das gesam­te Buch zu Gemü­te geführt. Und gera­de die The­sen sind nach mei­ner Auf­fas­sung zwar über zwölf Jah­re alt, aber den­noch heu­te nicht min­der aktu­ell als bei ihrer Ent­ste­hung. Um mich mit Freun­den und Bekann­ten über das The­ma unter­hal­ten zu kön­nen, mach­te ich mich auf die Suche nach einer deut­schen Fas­sung des Buchs, zumin­dest aber der The­sen. Mit eher mäßi­gem Ergeb­nis: Die deut­sche Aus­ga­be aus dem Jahr 2000 ist längst ver­grif­fen und die Über­set­zun­gen der The­sen, die man online fin­det, haben an der einen oder ande­ren Stel­le ein paar Schwächen.

Dar­um habe ich mit David Wein­ber­ger einen der Autoren kon­tak­tiert und ihn um Erlaub­nis gebe­ten, auch ein­mal einen Über­set­zungs­ver­such star­ten zu dür­fen. Sei­ne Ant­wort war »ja« und das ist das Ergeb­nis mei­nes Ver­suchs. Eine deut­sche Ver­si­on des Clue­train Manifests. 

  1. Märk­te sind Gespräche.
  2. Märk­te bestehen aus Men­schen, nicht aus demo­gra­fi­schen Sektoren.
  3. Gesprä­che zwi­schen Men­schen klin­gen mensch­lich. Sie wer­den mit einer mensch­li­chen Stim­me geführt.
  4. Egal ob bei der Wei­ter­ga­be von Infor­ma­tio­nen und Mei­nun­gen, ob beim Aus­tausch von Stand­punk­ten und Argu­men­ten oder beim Erzäh­len einer Anek­do­te: Die mensch­li­che Stim­me klingt offen, natür­lich und unverfälscht.
  5. Men­schen erken­nen ein­an­der am Klang die­ser Stimme.
  6. Das Inter­net ermög­licht Gesprä­che zwi­schen Men­schen, wie sie im Zeit­al­ter der Mas­sen­me­di­en nicht mög­lich gewe­sen wären.
  7. Hyper­links unter­gra­ben Hierarchien.
  8. Sowohl in inter­ver­netz­ten Märk­ten als auch in intra­ver­netz­ten Unter­neh­men spre­chen Men­schen auf eine mäch­ti­ge neue Art miteinander.
  9. Die­se ver­netz­ten Gesprä­che ermög­li­chen mäch­ti­ge neue For­men der sozia­len Orga­ni­sa­ti­on und des Wissensaustauschs.
  10. In der Fol­ge wer­den Märk­te klü­ger, bes­ser infor­miert und bes­ser orga­ni­siert. Die Teil­nah­me an einem ver­netz­ten Markt ver­än­dert Men­schen grundlegend.
  11. Men­schen in ver­netz­ten Märk­ten haben die Erfah­rung gemacht, dass sie Infor­ma­tio­nen und Unter­stüt­zung bes­ser von­ein­an­der als von Händ­lern erhal­ten. So viel zur Unter­neh­mens­rhe­to­rik über den Mehr­wert der von ihnen ange­bo­te­nen Ware.
  12. Es gibt kei­ne Geheim­nis­se. Ver­netz­te Märk­te wis­sen mehr über Pro­duk­te als die jewei­li­gen Unter­neh­men selbst. Und egal ob gut oder schlecht: Sie tra­gen die Neu­ig­kei­ten weiter.
  13. Was in Märk­ten geschieht, geschieht auch zwi­schen den Ange­stell­ten der Unter­neh­men. Ein meta­phy­si­sches Kon­strukt namens »Fir­ma« ist das ein­zi­ge, was die­se bei­den unterscheidet.
  14. Unter­neh­men benut­zen nicht die­sel­be Spra­che wie die­se neu­en, ver­netz­ten Gesprä­che. In den Ohren ihrer Ziel­grup­pe klin­gen Unter­neh­men hohl, flach, gera­de­zu unmenschlich.
  15. Schon in weni­gen Jah­ren wird die der­zei­ti­ge, homo­ge­ni­sier­te »Stim­me« des Geschäfts­le­bens – der Klang von Fir­men­phi­lo­so­phien und Bro­schü­ren – so auf­ge­setzt und künst­lich wir­ken wie die Spra­che am fran­zö­si­schen Hof des 18. Jahrhunderts.
  16. Unter­neh­men, die mit der Spra­che der Markt­schrei­er spre­chen, errei­chen schon jetzt nie­man­den mehr.
  17. Unter­neh­men, die anneh­men, Online­märk­te sei­en die­sel­ben Märk­te, die der­einst ihre TV-Spots ange­se­hen haben, machen sich selbst lächerlich.
  18. Unter­neh­men, die nicht rea­li­sie­ren, dass ihre Märk­te heut­zu­ta­ge zwi­schen­mensch­lich ver­netzt, daher klü­ger und per­ma­nent in Gesprä­che ver­tieft sind, ver­pas­sen ihre bes­te Gelegenheit.
  19. Unter­neh­men kön­nen nun unmit­tel­bar mit ihren Märk­ten kom­mu­ni­zie­ren. Bekom­men sie das nicht hin, haben sie ihre womög­lich letz­te Chan­ce verspielt.
  20. Unter­neh­men soll­ten sich klar­ma­chen, dass ihre Märk­te häu­fig lachen – über die Unter­neh­men selbst.
  21. Unter­neh­men müs­sen locke­rer wer­den und sich selbst weni­ger ernst neh­men. Sie soll­ten einen Sinn für Humor entwickeln.
  22. Einen Sinn für Humor zu ent­wi­ckeln, bedeu­tet nicht, ein paar Wit­ze auf der unter­neh­mens­ei­ge­nen Web­sei­te zu erzäh­len. Viel­mehr benö­tigt es Wer­te, etwas Beschei­den­heit, kla­re Spra­che und einen authen­ti­schen Standpunkt.
  23. Unter­neh­men, die sich zu »posi­tio­nie­ren« ver­su­chen, soll­ten auch eine Posi­ti­on ein­neh­men. Opti­ma­ler­wei­se soll­te die­se Posi­ti­on mit etwas zu tun haben, was den Markt des Unter­neh­mens auch wirk­lich interessiert.
  24. Voll­mun­di­ge Ankün­di­gun­gen wie »Wir möch­ten uns als Markt­füh­rer in Bezug auf XYZ posi­tio­nie­ren.« stel­len kei­ne Posi­ti­on dar.
  25. Unter­neh­men müs­sen aus ihren Elfen­bein­tür­men hin­ab­stei­gen und mit den Leu­ten spre­chen, mit denen sie Bezie­hun­gen auf­zu­bau­en wünschen.
  26. Öffent­lich­keits­ar­beit arbei­tet nicht mit der Öffent­lich­keit. Unter­neh­men fürch­ten ihre Märk­te zutiefst.
  27. Durch das Spre­chen einer distan­zier­ten, unein­la­den­den, arro­gan­ten Spra­che errich­ten sie Mau­ern, um die Märk­te auf Distanz zu halten.
  28. Die meis­ten Mar­ke­ting­pro­gram­me ent­sprin­gen der Angst, der Markt könn­te sehen, was im Unter­neh­men tat­säch­lich geschieht.
  29. Elvis hat es auf den Punkt gebracht: »We can’t go on tog­e­ther with sus­pi­cious minds.«
  30. Mar­ken­treue ist die unter­neh­me­ri­sche Ver­si­on des »Mit­ein­an­der­ge­hens«. Die Tren­nung aber ist unab­wend­bar – und sie kommt bald. Wegen ihrer Ver­net­zung kön­nen intel­li­gen­te Märk­te ihre Bezie­hun­gen in Win­des­ei­le überdenken.
  31. Ver­netz­te Märk­te kön­nen ihre Lie­fe­ran­ten im Hand­um­dre­hen durch ande­re erset­zen. Ver­netz­te Wis­sens­ar­bei­ter kön­nen ihren Arbeit­ge­ber wäh­rend des Mit­tag­essens wech­seln. Eure eige­nen Down­si­zing-Maß­nah­men haben uns zu fra­gen gelehrt: »Loya­li­tät? Was war das noch mal?«
  32. Intel­li­gen­te Märk­te wer­den Lie­fe­ran­ten fin­den, die ihre Spra­che sprechen.
  33. Das Erler­nen des Spre­chens mit mensch­li­cher Stim­me ist kein Taschen­spie­ler­trick. Auf einer schi­cken Kon­fe­renz kann man die­se Fähig­keit auch nicht aufschnappen.
  34. Um mit mensch­li­cher Stim­me zu spre­chen, müs­sen Unter­neh­men die Anlie­gen ihrer Com­mu­ni­ties, ihrer Gemein­schaf­ten teilen.
  35. Zunächst müs­sen sie aber einer sol­chen Gemein­schaft angehören.
  36. Unter­neh­men müs­sen sich selbst fra­gen, wo ihre Unter­neh­mens­kul­tur endet.
  37. Endet ihre Kul­tur, bevor die Gemein­schaft beginnt, wer­den sie kei­ne Märk­te haben.
  38. Mensch­li­che Gemein­schaf­ten fußen auf Dis­kurs – auf mensch­li­chen Gesprä­chen über mensch­li­che Anliegen.
  39. Die Gemein­schaft des Dis­kur­ses ist der Markt.
  40. Unter­neh­men, die nicht zu einer Gemein­schaft des Dis­kur­ses gehö­ren, wer­den sterben.
  41. Unter­neh­men glau­ben an eine Reli­gi­on der Sicher­heit, was im Gro­ßen und Gan­zen ein Ablen­kungs­ma­nö­ver ist. Die Mehr­heit der Unter­neh­men schützt sich nicht vor ihren Wett­be­wer­bern, son­dern vor dem eige­nen Markt und den eige­nen Arbeitskräften.
  42. Wie in ver­netz­ten Märk­ten spre­chen Men­schen auch inner­halb eines Unter­neh­mens direkt mit­ein­an­der – und sie spre­chen nicht nur über Sat­zun­gen, Vor­schrif­ten, Manage­ment-Direk­ti­ven und Unternehmensergebnisse.
  43. Der­lei Gesprä­che fin­den heut­zu­ta­ge in den unter­neh­mens­ei­ge­nen inter­nen Netz­wer­ken statt. Sofern die Vor­aus­set­zun­gen dafür stimmen.
  44. Unter­neh­men instal­lie­ren für gewöhn­lich von oben nach unten aus­ge­rich­te­te inter­ne Netz­wer­ke, um Unter­neh­mens­richt­li­ni­en und ande­re Infor­ma­tio­nen zu ver­brei­ten, die die Mit­ar­bei­ter mit Hin­ga­be ignorieren.
  45. Von Haus aus ten­die­ren inter­ne Netz­wer­ke zur Lan­ge­wei­le. Die bes­ten sind von unten nach oben aus­ge­rich­tet und sind von enga­gier­ten Mit­ar­bei­tern ein­ge­rich­tet wor­den, die gemein­sam etwas von weit grö­ße­rem Wert schaf­fen woll­ten: die Ver­net­zung unter­neh­mens­in­ter­ner Gespräche.
  46. Ein gesun­des inter­nes Netz­werk orga­ni­siert Ange­stell­te in viel­fa­cher Hin­sicht. Sei­ne Aus­wir­kun­gen sind radi­ka­ler als jedes Gewerkschaftsprogramm.
  47. Obwohl ein sol­ches Netz­werk Unter­neh­men fast zu Tode ängs­tigt, hän­gen die­se doch stark von dem Wis­sen, ab, das in einem offe­nen inter­nen Netz­werk gene­riert und geteilt wird. Sie müs­sen dem Drang wider­ste­hen, die­se ver­netz­ten Gesprä­che zu »ver­bes­sern« oder zu kontrollieren.
  48. Wird ein unter­neh­mens­in­ter­nes Netz­werk nicht durch Angst oder Über­re­ge­lung beherrscht, ermu­tigt es, Gesprä­che zu füh­ren, die denen der ver­netz­ten Märk­te in bemer­kens­wer­ter Wei­se ähneln.
  49. Orga­ni­gram­me haben in einer Zeit der Wirt­schaft funk­tio­niert, in der Stra­te­gien und Plä­ne von der Unter­neh­mens­lei­tung noch im vol­len Umfang ver­stan­den und somit von oben her­ab­ge­reicht wer­den konnten.
  50. In der Gegen­wart bestehen Orga­ni­gram­me aus Hyper­links, nicht aus Hier­ar­chien. Der Respekt vor prak­ti­schem Wis­sen gewinnt die Ober­hand gegen­über dem Respekt vor abs­trak­ter Autorität.
  51. Befehls- und kon­troll­ba­sier­ter Füh­rungs­stil ent­springt Büro­kra­tie, Macht­ge­fü­gen und einer para­no­iden Unter­neh­mens­kul­tur eben­so, wie er die­se auch verstärkt.
  52. Para­noia tötet Gesprä­che. Das ist ihr Zweck. Man­gel an offe­nen Gesprä­chen wie­der­um tötet Unternehmen.
  53. Zwei Gesprä­che fin­den gleich­zei­tig statt: das eine inner­halb des Unter­neh­mens, das ande­re mit dem Markt.
  54. In den meis­ten Fäl­len ver­läuft kei­nes die­ser Gesprä­che son­der­lich gut. Nahe­zu immer fin­det sich die Ursa­che für ein Schei­tern in über­hol­ten Struk­tu­ren, die auf Befehl und Kon­trol­le basieren.
  55. Als Unter­neh­mens­po­li­tik sind die­se Struk­tu­ren Gift. Als Werk­zeu­ge sind sie nutz­los. Befehl und Kon­trol­le wer­den von intra­ver­netz­ten Wis­sens­ar­bei­tern mit Feind­se­lig­keit begeg­net. Sie erzeu­gen Miss­trau­en auf inter­ver­netz­ten Märkten.
  56. Die­se bei­den Gesprä­che möch­ten mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Sie spre­chen die­sel­be Spra­che. Sie erken­nen die Stim­me des jeweils anderen.
  57. Klu­ge Unter­neh­men wer­den den Weg frei machen und somit hel­fen, dass das Unver­meid­li­che frü­her geschieht.
  58. Wird die Bereit­schaft, aus dem Weg zu gehen, als Mess­grö­ße für den IQ her­an­ge­zo­gen, haben bis­lang nur sehr weni­ge Unter­neh­men an Weis­heit gewonnen.
  59. Mal mehr, mal weni­ger unter­schwel­lig neh­men Mil­lio­nen von Men­schen, die heut­zu­ta­ge online sind, Unter­neh­men als faden­schei­ni­ge Kon­struk­te wahr, die sich der­lei Gesprä­chen aktiv in den Weg stellen.
  60. Das ist selbst­mör­de­risch. Märk­te wol­len mit Unter­neh­men sprechen.
  61. Trau­ri­ger­wei­se wird gera­de der Teil eines Unter­neh­mens, mit dem ein ver­netz­ter Markt spre­chen möch­te, übli­cher­wei­se hin­ter einem Schlei­er aus Wort­hül­sen ver­bor­gen, hin­ter einer Spra­che, die falsch klingt und es oft auch ist.
  62. Märk­te möch­ten nicht mit Pres­se­spre­chern und Markt­schrei­ern spre­chen. Sie möch­ten an den Gesprä­chen teil­neh­men, die hin­ter den Schutz­wäl­len der Unter­neh­men vor sich gehen.
  63. Schlei­er hoch, But­ter bei die Fische: Wir sind die­se Märk­te. Wir möch­ten mit Euch sprechen.
  64. Wir möch­ten Zugang zu Euren Unter­neh­mens­in­for­ma­tio­nen, zu Euren Plä­nen und Stra­te­gien, zu Euren bes­ten Ideen und Eurem gesam­ten Wis­sen. Wir geben uns nicht mit der vier­far­bi­gen Bro­schü­re zufrie­den, mit zucker­sü­ßen Web­sites ohne jeg­li­chen Inhalt.
  65. Wir sind auch die Mit­ar­bei­ter, die Eure Unter­neh­men zum Lau­fen brin­gen. Wir möch­ten mit den Kun­den direkt und in unse­rer eige­nen Spra­che spre­chen, nicht in vor­ge­ge­be­nen Plattitüden.
  66. Als Märk­te und als Mit­ar­bei­ter sind wir glei­cher­ma­ßen davon zu Tode genervt, Infor­ma­tio­nen nur über Umwe­ge zu erlan­gen. War­um brau­chen wir gesichts­lo­se Jah­res­be­rich­te und Markt­for­schungs­ana­ly­sen aus drit­ter Hand, um uns ein­an­der vorzustellen?
  67. Als Märk­te und als Mit­ar­bei­ter wun­dern wir uns, war­um Ihr nicht zuhört. Ihr scheint eine ande­re Spra­che zu sprechen.
  68. Der auf­ge­bla­se­ne, selbst­herr­li­che Jar­gon, mit dem Ihr um Euch werft – in der Pres­se, bei Euren Kon­fe­ren­zen – Was hat der mit uns zu tun?
  69. Viel­leicht beein­druckt Ihr Eure Inves­to­ren. Viel­leicht beein­druckt Ihr die Bör­se. Uns beein­druckt Ihr nicht.
  70. Wenn Ihr uns nicht beein­druckt, wer­den Eure Inves­to­ren baden gehen. Begrei­fen sie das nicht? Begrif­fen sie es, wür­den sie Euch nicht so spre­chen lassen.
  71. Eure über­hol­ten Ansich­ten zum »Markt« las­sen unse­re Augen gla­sig wer­den. Wir erken­nen uns in Euren Ent­wür­fen nicht wie­der – viel­leicht, weil wir wis­sen, dass wir längst woan­ders sind.
  72. Uns gefällt der neue Markt­platz viel bes­ser. Tat­säch­lich erschaf­fen wir ihn selbst.
  73. Ihr seid ein­ge­la­den, aber das ist unse­re Welt. Zieht am Ein­gang die Schu­he aus. Wollt Ihr mit uns ver­han­deln, dann steigt von Eurem hohen Ross.
  74. Gegen Wer­bung sind wir immun. Ver­gesst es einfach.
  75. Wollt Ihr, dass wir mit Euch spre­chen, erzählt uns etwas. Etwas Inter­es­san­tes, zur Abwechslung.
  76. Wir haben auch eini­ge Ideen für Euch: Eini­ge neue Werk­zeu­ge, die wir brau­chen, bes­se­re Dienst­leis­tun­gen. Zeug, für das wir bezah­len wür­den. Habt Ihr ein Minütchen?
  77. Ihr seid zu beschäf­tigt mit dem »Geschäf­te machen«, um unse­re E‑Mail zu beant­wor­ten? Oh Ver­zei­hung, dann ver­su­chen wir es spä­ter noch ein­mal. Vielleicht.
  78. Ihr wollt unser Geld? Wir wol­len Eure Aufmerksamkeit.
  79. Kommt run­ter von Eurem Trip, been­det Eure neu­ro­ti­sche Selbst­ver­eh­rung. Nehmt an der Par­ty teil.
  80. Kei­ne Sor­ge, Ihr könnt immer noch Geld ver­die­nen. Zumin­dest solan­ge das nicht alles ist, was Euch beschäftigt.
  81. Ist Euch auf­ge­fal­len, dass Geld an sich irgend­wie ein­di­men­sio­nal und lang­wei­lig ist? Gibt es ande­re The­men, über die wir uns unter­hal­ten könnten?
  82. Euer Pro­dukt ist kaputt gegan­gen. War­um? Wir wür­den ger­ne den­je­ni­gen fra­gen, der es gebaut hat. Eure Unter­neh­mens­stra­te­gie ergibt für uns kei­nen Sinn. Wir wür­den ger­ne mit Eurem Vor­stand dar­über quat­schen. Was soll das hei­ßen, sie ist gera­de nicht zugegen?
  83. Wir möch­ten, dass Ihr 50 Mil­lio­nen von uns so ernst nehmt wie einen Jour­na­lis­ten vom Handelsblatt.
  84. Wir ken­nen ein paar Leu­te aus Eurem Unter­neh­men. Online sind die ziem­lich cool. Ver­steckt Ihr noch mehr von deren Sor­te? Kön­nen sie nicht raus­kom­men und mit uns spielen?
  85. Haben wir Fra­gen, wen­den wir uns anein­an­der. Hät­tet Ihr »Eure Leu­te« nicht so fest im Griff, wären sie viel­leicht unter den­je­ni­gen, an die wir uns wenden.
  86. Wenn wir gera­de nicht damit beschäf­tigt sind, Eure Ziel­grup­pe zu sein, sind vie­le von uns Eure Mit­ar­bei­ter. Wir wür­den lie­ber mit Freun­den online spre­chen als stän­dig auf die Uhr zu schau­en. Das wür­de Euren Namen schnel­ler bekannt machen als jede noch so teu­re Web­sei­te. Aber Ihr sagt uns, dass das Spre­chen mit dem Markt Auf­ga­be des Mar­ke­tings sei.
  87. Wir wür­den uns freu­en, wenn Ihr mit­be­kä­met, was hier vor sich geht. Das wäre wirk­lich nett. Aber es wäre ein gro­ßer Feh­ler, zu den­ken, dass wir solan­ge die Luft anhalten.
  88. Wir haben Bes­se­res zu tun als uns zu sor­gen, ob Ihr den Wan­del schnell genug hin­be­kommt, um mit uns Geschäf­te zu machen. Geschäf­te sind nur ein Teil unse­res Lebens. Für Euch schei­nen sie aber alles zu sein. Denkt mal dar­über nach: Wer braucht eigent­lich wen?
  89. Wir haben ech­te Macht und sind uns des­sen bewusst. Wenn Euch die­ses Licht nicht auf­geht, wird schon jemand ande­res vor­bei­kom­men, der auf­merk­sa­mer ist, inter­es­san­ter und mit dem es mehr Spaß macht, zu spielen.
  90. Sogar im schlech­tes­ten Fall ist unser neu ent­deck­tes Gespräch inter­es­san­ter als die meis­ten Mes­se­ter­mi­ne, unter­halt­sa­mer als jede Fern­seh­ko­mö­die und auf jeden Fall lebens­ech­ter als die Unter­neh­mens­web­sei­ten, die wir bis­her gese­hen haben.
  91. Unser Zuge­hö­rig­keits­ge­fühl gilt uns selbst – unse­ren Freun­den, unse­ren neu­en Ver­bün­de­ten und Bekann­ten, selbst unse­ren Spar­rings­part­nern. Unter­neh­men, die in die­ser Welt kei­ne Rol­le spie­len, wer­den kei­ne Zukunft haben.
  92. Unter­neh­men haben Mil­li­ar­den aus­ge­ge­ben, um das Mill­en­ni­um-Pro­blem zu lösen. War­um kön­nen sie die­se Markt-Zeit­bom­be nicht ticken hören? Immer­hin geht es um viel mehr.
  93. Wir leben sowohl inner­halb als auch außer­halb von Unter­neh­men. Die Gren­zen, die unse­re Gesprä­che tren­nen, erschei­nen uns momen­tan wie die Ber­li­ner Mau­er. In Wirk­lich­keit sind sie aber nur eine vor­über­ge­hen­de Läs­tig­keit. Wir wis­sen, dass sie fal­len wer­den. Tat­säch­lich wer­den wir von bei­den Sei­ten dar­an arbei­ten, sie einzureißen.
  94. Tra­di­tio­nel­len Unter­neh­men mögen ver­netz­te Gesprä­che ver­wirrt erschei­nen und ver­wir­rend klin­gen. Doch wir orga­ni­sie­ren uns schnel­ler als sie es tun. Wir haben bes­se­re Werk­zeu­ge, mehr Inno­va­ti­ons­kraft und kei­ne Regeln, die uns verlangsamen.
  95. Wir wachen auf und ver­bin­den uns mit­ein­an­der. Wir beob­ach­ten. Aber wir war­ten nicht.

Die­se Über­set­zung basiert auf dem The­sen­text, wie er in der Aus­ga­be zum 10-jäh­ri­gen Jubi­lä­um des Mani­fests zu fin­den ist. Die Namen der Autoren lau­ten: Rick Levi­ne, Chris­to­pher Locke, David »Doc« Searls und David Weinberger.

Der im Text mit [Part­ner­link] mar­kier­te Ver­weis wur­de von mir im Rah­men mei­ner Teil­nah­me am Part­ner­pro­gramm der Ama­zon EU S.à r.l. gesetzt. Wei­te­re Hin­wei­se dazu fin­den sich im Impres­sum die­ser Seite.

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