Sonnenuntergang, Felsenküste, ein Papagei: Im Grunde sind es ganz normale, für Außenstehende relativ langweilige Urlaubsbilder, die Katy McCaffrey seit rund einer Woche auf ihrem Facebook-Profil präsentiert. Doch im Gegensatz zu vergleichbaren Schnappschüssen erfreut sich die Sammlung der US-Amerikanerin in Internetkreisen einer ungeheuren Beliebtheit. Alleine bei Facebook wurde das Album, in dem sich die Aufnahmen befinden, bereits über 22.000 Mal geteilt. Begründen lässt sich die Popularität dieser 21 Bilder mit der Geschichte ihrer Entstehung. In deren Hauptrollen: Mrs. McCaffrey, ihr iPhone und ein junger Mann namens Nelson.
Kurz gefasst klingt das Ganze so: Während einer Karibik-Kreuzfahrt auf einem Schiff der Disney-Reederei geht besagtes iPhone im April diesen Jahres verloren und bleibt trotz umfassender Suchmaßnahmen an Bord spurlos verschwunden. Tage nach ihrer Rückkehr, McCaffrey fängt gerade an, sich mit der Endgültigkeit des Verlusts abzufinden, gibt ihr Smartphone plötzlich doch noch Lebenszeichen von sich. Brandneue Fotos tauchen auf ihrer Online-Festplatte iCloud auf. Fotos, die McCaffrey definitiv nicht selbst gemacht hat. Zwar sind diese offensichtlich an Bord »ihres« Schiffes geschossen worden, nur kennt sie niemanden der Abgelichteten – zunächst, zumindest.
Wange an Wange in der Cloud
Ein junger Mann ist wiederholt auf den Bildern zu sehen, mal vor einem Sonnenuntergang, mal mit Freunden beim Feiern, mal Wange an Wange mit einer jungen Frau. Als iCloud ein Foto von ihm in der Uniform der Schiffscrew zum Vorschein bringt, kann McCaffrey dem mutmaßlichen Smartphoneräuber dank seines Namensschildes zumindest einen Vornamen zuordnen: Nelson. Und Nelson bleibt am Drücker. Weitere Bilder landen bei der ursprünglichen Besitzerin des Telefons. Denn McCaffreys iPhone sendet alle Bilder per Fotostream an ihre iCloud, eine Festplatte in der sogenannten Wolke, auf die McCaffrey mit ihren anderen Geräten Zugriff hat. Dass es diesen Service gibt, ist Nelson offenbar verborgen geblieben. Vor allem aber, wie man diesen Service ausschaltet.
Schnappschuss um Schnappschuss sammelt McCaffrey und fügt ihre Sammlung am Ende in einem Facebook-Album zusammen, dem sie einen bezeichnenden Namen gibt: »Stolen iPhone Adventures«. Jedes Foto versieht sie zudem mit einer launigen Bildunterschrift. Zunächst nur für ihre Freunde zugänglich, macht McCaffrey das Album auf deren Drängen hin öffentlich sichtbar – und tritt damit eine Internet-Lawine los. McCaffreys Freunde teilen den Link mit ihren jeweiligen Netzwerken, deren Mitglieder wiederum dasselbe tun. Innerhalb eines knappen Tages haben die Bilder schon derart Kreise gezogen, dass Online-Magazine und Blogs auf sie aufmerksam werden. Von da an potenziert sich das Interesse der Öffentlichkeit.
Allzu viele neue Bilder wird diese aber nicht mehr zu sehen bekommen. Zeitgleich mit der Veröffentlichung bei Facebook hat McCaffrey Kontakt zur Disney-Reederei aufgenommen. Diese hat nach Ansicht der Bilder das iPhone sichergestellt, um es seiner Besitzerin möglichst zeitnah zukommen zu lassen. Seinen aktuell wohl berühmtesten Angestellten Nelson hat das Unternehmen derweil in den Innendienst versetzt – ohne direkten Kundenkontakt. Bis eine Untersuchung Schuld oder Unschuld erwiesen hat, werde es von ihrer Seite allerdings keine Vorverurteilung geben, ließ die Reederei verlauten. Und Katy McCaffrey? Die freut sich auf die Rückkehr ihres Telefons und hat in der Zwischenzeit ein Blog eingerichtet. Dass sie damit noch ein wenig von der Popularität zehren möchte, die sie gerade genießt, gibt die Demnächst-Wieder-iPhone-Besitzerin frank und frei zu. Ehrlich währt nun mal am längsten.