Sabria David ist Mitautorin des Slow Media Manifests, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Am von ihr mitgegründeten Slow Media Institut forscht sie zu den Möglichkeiten und Auswirkungen des digitalen Wandels. Für das Magazin eines Kunden habe ich mit ihr ein kurzes Gespräch geführt, das in der Rubrik »Drei Fragen an…« veröffentlicht wurde.
Was hat Sie und die anderen Autoren im Jahr 2010 bewogen, das Slow Media Manifest zu verfassen?
»Im Grunde waren das zwei Dinge, die uns gleichzeitig bewegten. Zum einen war das die seinerzeit schwelende Auseinandersetzung zwischen Internetgegnern und Internetbefürwortern. ›Qualität gibt es nur auf Papier‹, sagten die einen. ›Das Internet ist die einzig wahre Lösung‹, erwiderten die anderen. Wir aber dachten, dass Qualität nicht vom Medium abhängt und haben daraufhin Kriterien formuliert, die auf alle erdenklichen Medien anwendbar sind. Zum anderen war 2010 eine Art Wendepunkt erreicht. Nachdem das erste Jahrzehnt dieses Jahrtausends stark von der Begeisterung an der neuen Technik bestimmt war, wurde immer klarer, dass nun Überlegungen nötig wurden, wie diese Technik in den Alltag zu integrieren sei. Mit dem Manifest wollten wir einen konstruktiven Beitrag zum Umgang mit der Technik und den Medien leisten.«
Wie hat sich unser Umgang mit Medien seit dem Jahr 2000 denn verändert?
»Es sind vor allem die Medien selbst, die sich in dieser Zeit rasant verändert haben. Unser Umgang mit ihnen hat sich aber nicht adäquat mitentwickelt. Er ist noch so, wie er vor zehn Jahren oder fünfzehn Jahren war. Ein konkretes Beispiel: Das Medium Brief funktionierte so, dass wir die Post öffneten und bearbeiteten, sobald sie eintraf, was einmal am Tag passierte. Wenden wir diese Kulturtechnik auch beim Medium E‑Mail an, kann das leicht unseren beruflichen, aber auch privaten Alltag sprengen. Darum muss die Nutzungskompetenz den neuen Möglichkeiten entsprechend weiterentwickelt und gelerntes Verhalten umgelernt werden.«
Und die Antwort darauf lautet Slow Media? Sollen wir uns den Möglichkeiten der heutigen schnellen Medien entziehen?
»Nein, aber wir sollten sie bewusster nutzen. Natürlich soll eine E‑Mail schnell beantwortet werden, wenn es wirklich dringend ist. Aber diese Schnelligkeit darf nicht zum Selbstzweck werden. Es soll nicht schnell gehen, nur weil es schnell gehen kann. Im Grunde ist das so wie bei einer Eisenbahn, für die ein neuer, leistungsfähigerer Motor entwickelt wird. Zeitgleich müssen natürlich auch neue, leistungsfähigere Bremsen entwickelt werden. Denn was nützt einem der schnellste Zug, wenn er im Bahnhof nicht mehr hält?«
Das Foto wurde mir von Sabria David freundlicherweise zur Verfügung gestellt.