Planisphere: Am Ende der Zündschnur

Planisphere
Collage: Planisphere

Fast acht Jah­re lagen für die Köl­ner Band Pla­nis­phe­re zwi­schen Grün­dung und ers­tem Album. Jetzt wird durchgestartet.

Frei­tag­abend, kurz nach halb zehn im Köl­ner Seve­rins­vier­tel: Unter dem Jubel eines dank Vor­pro­gramms ordent­lich ange­schwitz­ten Publi­kums betre­ten vier jun­ge Män­ner die Büh­ne im Tsu­na­mi Club. Pla­nis­phe­re sind im Haus. Und wäh­rend sich die Band­mit­glie­der ihre Instru­men­te umhän­gen, neh­men Nebel­ma­schi­ne und Licht­an­la­ge den Betrieb auf. Nach ers­ten sphä­ri­schen Klän­gen legt ein ordent­li­ches Gitar­ren­brett den Schal­ter um und ent­fes­selt den gan­zen Laden für die nächs­ten gut 60 Minuten.

»Das war schon ein groß­ar­ti­ger Abend«, blickt mit Jens Nie­den­hoff einer der vier jun­gen Män­ner stell­ver­tre­tend zurück. Die­ser 1. Juni 2018 wird bei dem Gitar­ris­ten und sei­nen Mit­mu­si­kern in sehr guter Erin­ne­rung blei­ben. Für die Leu­te vor der Büh­ne war das Kon­zert der abend­li­che Höhe­punkt eines Brü­cken­ta­ges. Für das Quar­tett dort oben war es weit mehr: der bis­lang wich­tigs­te Mei­len­stein auf einer Rei­se, deren Aus­gangs­punkt ins Jahr 2011 zurückreicht.

Chin Up, Chest Out

Wie die Geschich­te vie­ler ande­rer Bands nimmt auch die von Pla­nis­phe­re ihren Anfang im eher zwang­lo­sen Jam­men. Jens Nie­den­hoff: »Wir waren in befreun­de­ten Bands und haben ein­fach mal ein biss­chen zusam­men was aus­pro­biert.« Schnell war allen vie­ren klar, dass da eine ganz beson­ders stim­mi­ge Che­mie zwi­schen ihnen herrscht. Noch ein paar Jam-Ses­si­ons spä­ter rie­fen Nie­den­hoff, André Loreng, Robin Radeck und Tilo von der Wep­pen Pla­nis­phe­re ins Leben. Bis heu­te hat sich die­se Beset­zung nicht verändert.

»Zu Beginn hat­ten wir kurz nach einem Sän­ger gesucht«, erzählt Jens Nie­den­hoff, »aber nie­man­den gefun­den, der zu unse­ren klang­li­chen Vor­stel­lun­gen gepasst hät­te.« Statt sich in Sachen Sän­ger auf einen Kom­pro­miss zu eini­gen, fäll­ten Pla­nis­phe­re die Ent­schei­dung, ihre Musik fort­an rein instru­men­tal anzu­le­gen. Kaum gesagt, schon getan: Nach kur­zer Exis­tenz pro­du­zier­te das Quar­tett auf eige­ne Faust fünf Stü­cke für die EP »Por­phy­ro­gen«. Schon damals zeich­ne­te sich jener Klang ab, für den die Band auch in der Gegen­wart noch steht.

Schnüss, Juli 2018, Seite 24

Anders als vie­le ande­re Instru­men­tal-Bands ver­lässt sich Pla­nis­phe­re eben nicht nur auf die siche­re Wir­kung des han­dels­üb­li­chen Post­rock-Laut-Lei­se-Spiels. Viel­fach bezie­hen die Songs ihre Dyna­mik aus rhyth­mi­schen Ver­trackt­hei­ten, wie man sie aus dem Prog-Bereich kennt. Und wäh­rend etli­che Tem­po­ver­schlep­pun­gen und rasan­te Breaks dem mit­wip­pen­den Fan einen Kno­ten ins Tanz­bein spie­len, ent­fal­ten sich die melo­di­schen Tei­le des Pla­nis­phe­re-Sounds in unzäh­li­gen Schich­ten, bis jeder Song auf sei­nem Höhe­punkt einen wah­ren Tep­pich aus Wohl­klang darstellt.

Hier flirrt der Syn­thie, dort hau­en sich die Gitar­ren Riffs und Fills um die Ohren und eine Ecke wei­ter setzt ein fei­nes Pia­no eben­so unprä­ten­ti­ös wie mar­kant Akzen­te. Die­ser viel­schich­ti­ge Ansatz ist sicher auch dem basis­de­mo­kra­ti­schen Pro­zess geschul­det, in dem die­se Songs ent­ste­hen. »Es gibt bei uns kei­nen, der das allei­ni­ge Sagen hat. Statt­des­sen kann jeder sei­ne Klang­ideen zu glei­chen Tei­len ein­brin­gen«, berich­tet Jens Nie­den­hoff. »Das klappt so gut, weil wir auch abseits des Pro­be­raums eng befreun­det sind.«

The Future Needs Roots

Oder bes­ser: abseits der mitt­ler­wei­le fünf Pro­be­räu­me. Wer gemein­sam einen der­art wei­ten Weg zurück­legt, kommt manch­mal um einen Orts­wech­sel eben nicht rum. Es war nicht immer alles ein­fach in den fast acht Jah­ren seit der Debüt-EP. Ans Auf­hö­ren hat den­noch nie auch nur einer von ihnen einen Gedan­ken ver­schwen­det. Statt­des­sen hat die Band beharr­lich wei­ter an ihrem Sound geschraubt und Songs geschrie­ben, um nun den ers­ten eige­nen Lang­spie­ler in die Rega­le zu stel­len – mit einer Release-Par­ty, die sich gewa­schen hatte.

Der Abend im Tsu­na­mi war qua­si die Explo­si­on nach schier end­los lan­ger Zünd­schnur. Gleich­zei­tig aber eben auch nur eine Durch­gangs­sta­ti­on. Ger­ne wol­len Pla­nis­phe­re mit ihrem Mate­ri­al im In- und Aus­land tou­ren. Und eigent­lich auch direkt neue Songs schrei­ben. Die Zukunft kann kommen.

Eine der nächs­ten Gele­gen­hei­ten, Pla­nis­phe­re live zu erle­ben, bie­tet sich auf dem Fes­ti­val »Köl­le­for­nia Rising«. Nähe­re Infos dazu auf der zuge­hö­ri­gen Face­book-Event-Sei­te.

Eben­so wie die Bespre­chung des Debüt-Albums ist auch die­ser Arti­kel ursprüng­lich in der Juli-Aus­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss« erschienen.

Das Bild­ma­te­ri­al wur­de mir freund­li­cher­wei­se von der Band zur Ver­fü­gung gestellt.

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