In den vergangenen Wochen wurde ich das Gefühl nicht los, den richtigen Zeitpunkt für diese Buchstaben hier verpasst zu haben. Weil die Außentemperatur die Tage noch einmal über die 20 Grad geklettert ist, komme ich dann aber doch noch dazu, meine Sommerplatte 2014 hier herumzuzeigen. Bei Pulloverwetter und Regen fand ich das irgendwie unpassend. Es ist noch einmal warm, es ist trocken. Also schnell, bevor der Herbst kommt. Meine Sommerplatte 2014: »Alle Ampeln auf Gelb!«.
Bevor ich auf dieses Album zu sprechen komme, muss ich allerdings noch kurz ein Geschichtlein loswerden…
Es war einmal eine Band namens Superpunk. Anfang des Jahrtausends ist sie mir irgendwann untergekommen – sie und ihr damals zweites Album »Wasser marsch!«. Trotz ihres Namens beschränkte sich die Band nicht auf »Eins, zwei, gib ihm…«, sondern spielte neben punkesken Uptempo-Nummern auch jede Menge Stücke, die deutlich vom Northern Soul beeinflusst waren. Musik zwischen Garage und Motor City – für mich eine prima Mischung.
Und die Texte! Songs wie »Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen«, »Neue Zähne für meinen Bruder und mich«, »Ich bin kein Ignorant, ich bin kein Idiot« oder »Mein zweiter Name ist Ärger« (Oh, diese Titel!) strotzten inhaltlich nur so vor Working-Class-Sexyness, schnoddriger Selbstironie, Lakonie, Augenzwinkern, aber auch Ab- und Auflehnung. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Über Jahre blieb ich Superpunk treu, bis sie sich 2012 auflösten. Einmal noch trafen wir uns in Köln im Gebäude 9, tanzten und sangen miteinander. Dann war es rum. A bisserl was ging immer.
Ein paar Wochen später hörte ich von einer Nachfolgeband, die im Anflug sei. Nach der Trennung hatten sich Sänger/Gitarrist Carsten Friedrichs und Bassist Tim Jürgens neue Mitstreiter gesucht, wollten mit denen fortan unter dem Namen Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen firmieren und machten dabei gleich Nägel mit Köpfen. Zack, gab es schon nach ein paar Wochen ein erstes Album … das mich nur leider nicht so richtig vom Hocker riss. Zumindest nicht so, wie es Superpunk-Alben getan hatten. Textlich hatte ich mächtig Spaß mit »Jeder auf Erden ist wunderschön«. Es ging stellenweise sogar auf wundervolle Art um Fußball. Musikalisch wirkte das Ganze aber irgendwie nicht ganz ausgegoren. Kaum Hooklines blieben auf eine Art hängen, dass ich sie spontan vor mich hingesummt hätte. Was stattdessen hängenblieb, war der Superpunk-Trennungsschmerz. Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen war bei mir noch nicht so richtig gelandet.
Das änderte sich knapp zwei Jahre später ausgerechnet an dem Ort, an dem Superpunk und ich uns seinerzeit »Tschüss« gesagt hatten. Anfang Mai dieses Jahres war Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen im Gebäude 9, um ihr gerade – im Sinne von: am Vortag – erschienenes zweites Album live vorzustellen. Und der Abend geriet derart grandios, dass ich »Alle Ampeln auf Gelb!« [Partnerlink] gleich mit nach Hause nahm.
Soweit also das Vorweg-Geschichtlein. In der Zeit nach dem Konzert habe ich die Platte rauf- und wieder runtergehört. Fast täglich rannte ich mit Ohrwürmern von diesem Album herum – mit ständig neuen Ohrwürmern, wohlgemerkt. »Alleine auf Partys« heute, »Meine Kicks krieg ich von dir« morgen und »The Out-Crowd« übermorgen: All Killer, no Filler. Das Rauf- und Runterhören ist bis auf weiteres auch noch nicht beendet. Denn dieses Album ist voll mit großartigen Melodien, mit tanzbaren Northern-Soul-Rhythmen, mit Uptempo-Stampfern und eingebremsten Schwofern, mit herrlich arrangierten Stücken, mit Bläsersätzen an den genau richtigen Stellen und einer Rocksteady-Nummer zum krönenden Ende.
Was die Texte betrifft, muss man sich bei Carsten Friedrichs ohnehin keine Sorgen machen. Auch wenn Fußball diesmal überhaupt keine Rolle spielt. Dafür gibt es eine Ode an Schauspieler Werner Enke, die Geschichte des Hamburg-Anmalers Peter-Ernst Eiffe und ein Bekenntnis zum Liebhabertum. Alles auf eine Art serviert, die ich schon bei Superpunk geliebt habe: lakonisch, humorvoll, schnoddrig, in der Ich-Form aus dem echten Leben. Mit »Das Unglück bin ich« wird inhaltlich sogar ein Bogen zurück zur Jahrtausendwende geschlagen – zu »Mein zweiter Name ist Ärger«. Halt dich von mir fern, lautet heute wie damals die Botschaft.
Allerdings werde ich einen Teufel tun, dieser Empfehlung zu folgen. Mit »Alle Ampeln auf Gelb!« hat Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen ein derart rundes Ding produziert, dass ich natürlich auch künftig auf Tuchfühlung bleiben werde. Und endlich, endlich ist bei mir der Superpunk-Trennungsschmerz überwunden. Vollgas voraus. Alle Ampeln stehen auf Gelb.
Spotify-User aufgepasst! So klingt mein Sommeralbum 2014:
Der im Text mit [Partnerlink] markierte Verweis wurde von mir im Rahmen meiner Teilnahme am Partnerprogramm der Amazon EU S.à r.l. gesetzt. Weitere Hinweise dazu finden sich im Impressum dieser Seite.