Paste-up-Künstler »1zwo3«: Um die Ecke gedacht, an die Ecke geklebt

Bei Fuß: 1zwo3

Beet­ho­ven im Trai­nings­an­zug, Spon­geb­ob als Pulp-Fic­tion-Kil­ler, ein über­ge­wich­ti­ger Spi­der­man: Seit gut drei Jah­ren bringt der Pas­te-up-Künst­ler 1zwo3 Bonn mit sei­nen Bil­dern zum Schmunzeln.

Sams­tag­nach­mit­tag im August-Macke-Vier­tel: In der Fabrik 45 ste­hen zwei Besu­cher vor dem Bild einer rie­si­gen Wurst, die mit gut einem Dut­zend Fra­ge­zei­chen ver­se­hen ist. »Man weiß ja wirk­lich nicht, was man heut­zu­ta­ge so isst«, sin­niert der eine laut. Zustim­mend nickt der ande­re. Amü­siert beob­ach­tet ein jun­ger Mann in ihrem Rücken das zuneh­mend ins Phi­lo­so­phi­sche abglei­ten­de Gespräch. Zu erken­nen gibt er sich nicht. Er ist 1zwo3, der Künst­ler, der die Wurst geschaf­fen hat. Die Wurst und alle ande­ren Wer­ke der Ausstellung.

»Natür­lich steht es jedem frei, in mei­ne Bil­der hin­ein­zu­in­ter­pre­tie­ren, was er möch­te«, sagt der Anfang­drei­ßig­jäh­ri­ge spä­ter. »Aber wenn ich ganz ehr­lich bin: Der­art tie­fe Gedan­ken mache ich mir beim Malen gar nicht.« Vor allem spon­ta­ne Ideen sind es, die er in sei­ner Kunst umsetzt. Sei­ne Inspi­ra­ti­on zieht der anonym agie­ren­de Künst­ler zumeist aus All­tags­er­leb­nis­sen, die er eine Ecke wei­ter­denkt, die er über­spitzt oder mit pop­kul­tu­rel­len Refe­ren­zen ver­mengt. Das Ergeb­nis malt er auf Tape­te und kleis­tert die­se ins Bon­ner Stadt­bild. Denn auch wenn Tei­le sei­ner Arbei­ten am zwei­ten Juni­wo­chen­en­de in einer Aus­stel­lung gezeigt wur­den, fin­det sei­ne Kunst zumeist auf der Stra­ße statt – als humor­vol­ler Blick­fang auf all­zu tris­ten Wän­den oder Strom­käs­ten. Dass er mit sei­nen Wer­ken kei­nen mate­ri­el­len Scha­den anrich­tet, ist 1zwo3 wich­tig. Sei­ne Kleis­ter­mi­schung ist so gewählt, dass jedes Bild mit war­mem Was­ser rück­stands­los zu besei­ti­gen ist. Das eine oder ande­re Stück ist auf die­sem Weg auch schon als Sou­ve­nir bei einem Fan gelandet.

Und Fans hat der Künst­ler eine gan­ze Men­ge gewon­nen, seit er den öffent­li­chen Kunst­raum von Bonn in einer kal­ten Früh­jahrs­nacht im Jahr 2010 erst­mals betrat. Sei­ner­zeit woll­te er einen Pau­ken­schlag lan­den. Es wur­de immer­hin ein Trom­mel­wir­bel dar­aus. Statt der geplan­ten 30 Moti­ve in einer Nacht schaff­te er gera­de ein­mal vier. Von gutem Plan und dilet­tan­ti­scher Aus­füh­rung spricht 1zwo3 heu­te augen­zwin­kernd. Längst hat er sei­ne abend­li­chen Kle­be­tou­ren per­fek­tio­niert. Für das Anbrin­gen eines Bil­des braucht er kaum eine Minu­te. Zwi­schen zwei und vier neue Moti­ve ver­öf­fent­licht er pro Woche. Je nach­dem, wie viel Lust er gera­de hat.

Inhalt­lich setzt er sei­nem Schaf­fen dabei nur weni­ge Gren­zen. Ledig­lich sei­ne poli­ti­sche Mei­nung und sozi­al­kri­ti­sche Aspek­te blei­ben außen vor. »Ich muss mich nicht hin­stel­len und malen, damit die Leu­te ver­ste­hen, was in der Welt falsch läuft. Das wis­sen sie auch so gut genug.« 1zwo3 ver­folgt mit sei­nem Hob­by ein ande­res Ziel: Er möch­te die Betrach­ter sei­ner Wer­ke vor allem unter­hal­ten. Dass ihm das gelingt, zei­gen die Rück­mel­dun­gen, die ihn von Zeit zu Zeit errei­chen. So wie die E‑Mail, deren Absen­der davon berich­te­te, dass er auf dem Weg zur Arbeit immer eine Bahn­sta­ti­on frü­her aus­stei­ge. »Weil er so an einem Ort vor­bei­kommt, an dem häu­fig mei­ne Bil­der hän­gen«, erzählt 1zwo3. »Und weil sein Arbeits­tag dadurch einen bes­se­ren Start habe.« Nach­rich­ten wie die­se bestär­ken den Künst­ler in sei­nem Tun. Und wer weiß, viel­leicht ist er in die­sem Augen­blick in Bonns Stra­ßen unter­wegs, um sei­ne Mit­men­schen zum Schmun­zeln zu brin­gen und ihren Arbeits­tag zu verschönern.

Die­ser Arti­kel stammt aus der Juli-Aus­ga­be der »Schnüss«. Eini­ge Wor­te zur Aus­stel­lung in der Fabrik 45 hat­te ich auch schon hier verloren.

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