»Wenn es nach mir ginge, könnte man den Tatort abschaffen«, sagte Gitta neulich. »Die Drehbücher sind meistens öde und die Dialoge laufen meist komplett gestelzt an der Realität vorbei. Das war früher besser.« »Gib mir das schriftlich und ich halte dagegen«, erwiderte ich. Und so wurde der Sonntagabendkrimi zum Gegenstand des allmonatlichen Pro und Contra in der »Schnüss«. Das hier ist mein Beitrag zum Abtausch.
Leipzig nervt und Ludwigshafen ist öde. Den Klamauk aus Münster kann man kaum angucken. Hamburg? Billiger Hollywood-Abklatsch. Der Typ in Dortmund ist ein Psycho, der in Frankfurt ziemlich fertig und der in Saarbrücken wird mit seiner Kiffer-Yoga-Mentalität hoffentlich auch noch auf die Schnauze fallen. Und ganz im Ernst: Die Geschichte der Kommissare aus München ist doch irgendwie mehr als zu Ende erzählt. Die von den Jungs aus Köln erst recht. Wo jetzt auch noch die Franziska tot ist.
Kaum etwas kann der TV-konsumierende Teil Deutschlands so herrlich beschissen finden wie den Tatort. Dabei ist diese herzhafte Abneigung keineswegs ein Trend, der erst neulich um die Ecke kam. Früher fluchte Schimanski zuviel, während Stoever und Brockmöller zum allgemeinen Entsetzen zwischendurch mal ein Liedchen trällerten. Furchtbar! Das Tollste an diesem vermeintlichen Mist aber ist, dass sich damals wie heute zu jeder negativen Meinung auch gleich das Gegenstück finden ließ und lässt. Was der eine hasst, liebt eben der andere. In einem sind sich aber alle einig: Der nächste wird wieder geguckt.
Denn der Tatort ist weit mehr als eine neunzigminütige Verbrecherjagd zur besten Sonntagssendezeit. Er vereint nicht nur die Ermittlerteams der verschiedenen ARD-Sendeanstalten unter seinem Dach, er tut gleiches auch mit Menschen, die sonst nicht viel gemeinsam haben. In Studenten-WGs wird der Tatort ebenso geschaut wie in schmucken Marmorbuden. Über alle Alters- und sonstige Grenzen hinweg sorgt er für Gesprächsstoff. Heutzutage geht die Diskussion auf Twitter sogar schon los, während die Sendung noch läuft. Und schwache Drehbücher hin, surreale Dialoge her: Etwa alle halbe Jahre hauen die Macher eine echte Perle von einer Folge raus. Im Vergleich zu manch anderem Mist in der Glotze ist das eine ziemlich gute Quote. Darum lasst den Tatort wo und wie er ist. Beerdigt stattdessen lieber ein paar andere öffentlich-rechtliche Wasserleichen.