Update 20.11.:
Zwei der (rheinischen) Büdchenliebe verschriebene Szenekenner haben via Twitter insistiert, dass der Begriff »Büdchen« an dieser Stelle unpassend sei. Darum bitte im Folgenden beim Lesen dieses Wortes einfach »Hütte« denken. (Rückwirkend gilt das auch für die Überschrift) Vielen Dank. Los geht’s:
Ein paarmal werden wir noch wach, dann verwandeln sich die deutschen Innenstädte in niedliche Büdchenlandschaften. Wand an Wand schlängeln sich dutzende kleine Holzhütten dann wieder durch Einkaufsstraßen und rund um die jeweils größte Kirche am Ort. Ja, Ende November ist endlich wieder Weihnachtsmarktzeit. Mit Advents-Ambiente und warmen Getränken, mit Tinnef und Geschenkchen, mit festlich blickenden Menschen unter blinkenden Nikolausmützen und mit besinnlichen Hits aus der Weihnachtshitparade.
Obwohl, nee, Moment mal – »Last Christmas«, »Süßer die Glocken« und Co ballern an den meisten Orten ja schon seit Jahren nicht mehr aus den Boxen. Wenn denn überhaupt noch irgendwo Boxen hängen. Die meisten Weihnachtsmarkt-Veranstalter haben vor Forderungen von Seiten der GEMA kapituliert und servieren Stille statt »Stille Nacht«. Und wenn man es so recht betrachtet, ist es mit dem Advents-Ambiente auch nicht mehr so weit her. Es fehlt einfach an essentiellen Dingen: Musik, Schnee und ein grundsätzlicher Bezug zum Fest der Liebe. Was im Gegenzug nicht fehlt, ist ein reichhaltiges Angebot an Strickwaren oder Holzgedöns aus dem Erzgebirge, an Fressalien und Glühweinbuden. Immerhin gibt es an letzteren auch schon mal Musik. Hammerstramm kann man so wundervoll »In der Weihnachtsbäckerei« oder Helene Fischer grölen. Oder DJ Bobo.
Aber kurz zurück zu Strickwaren und Holzgedöns: Im Quervergleich etlicher Städte ähnelt sich das Angebot in den Auslagen erstaunlich. Olivenholzschalen und Räuchermännchen finden offenbar überall mindestens einen Verkäufer. Gleiches gilt für Fleecemützen und Socken im Fünferpack. Lokalen Bezug bringt hingegen kaum noch ein Anbieter mit. In Summe bieten Weihnachtsmärkte mittlerweile ein Flair wie diese Batterien- und Smarthphone-Hüllen-Flohmärkte auf Supermarkt-Parkplätzen. Kennst Du einen, kennst Du alle. Nur mit der Ursprungsidee hat das alles nicht mehr viel zu tun. Immerhin: Spätestens eine Woche nach Weihnachten ist der Kommerz-Büdchen-Spuk dann ja schon wieder vorbei. Halleluja.
Für die Novemberausgabe der »Schnüss« tauschten Kollegin Gitta und ich uns für die Rubrik »Pro und Contra« zum Thema Weihnachtsmarkt aus. Das ist die etwas längere Fassung meines Beitrags.
Ja, es ist tatsächlich so, dass die heutigen Weihnachtsmärkte uns eher an den »Öcher Bend« als an besinnliche Vorweihnachtstage denken lassen. Im Grunde möchten wir doch die Erinnerung an heimelige Winterabende im Kerzenschein mit Tannen- und Bratapfelduft wachhalten, und wenn man Glück hat, gibt es auch heute noch die kleinen, unbedeutenden Weihnachtsmärkte, die diese Stimmung vermitteln. Darauf freue ich mich.
Leg ne Bild dazu und du kannst es wieder Büdchen nennen.
In letzter Zeit sind mir immer häufiger Büdchen untergekommen, die Bild und Zeitungen gar nicht mehr verkaufen. Ich könnte vielleicht für 50 Cent gemischten Weingummi dazulegen.