Da hat der Bundesgerichtshof Mitte Januar mit einem simplen Urteil massig Zündstoff für künftige Nachbarschaftsstreitigkeiten geliefert. Bis nach Karlsruhe hatte ein Paar aus Brandenburg geklagt, das sich von den unter ihnen wohnenden Nachbarn belästigt fühlte. Oder besser: vom Qualm, der bei deren Rauchereien auf dem Balkon entstand. Am Ende bestätigte das BGH, dass auch an der frischen Luft gequalmte Zigaretten das Zeug haben, andere zu belästigen. Und dass eine solche Belästigung nicht geduldet werden müsse, wenn sie eine »wesentliche Beeinträchtigung« darstelle. Der lange Atem im Brandenburgischen Obergeschoss hat sich also gelohnt: Bei den Instanzen zuvor waren die Kläger noch auf taube Ohren gestoßen.
Dieses Urteil ist im Grunde ebenso banal wie nachvollziehbar. Natürlich soll sich niemand in den eigenen vier Wänden – oder auf dem zugehörigen Balkon – belästigt oder beeinträchtigt fühlen. Geradezu salomonisch mutete zudem der Teil des Karlsruher Richterspruchs an, der besagte, dass jeder Einzelfall gesondert zu prüfen sei, dass sich Nichtraucher und Raucher im Bedarfsfall auf Balkon-Raucherzeiten zu einigen hätten. Im Klartext stand da nicht mehr als: Redet miteinander, findet Kompromisse, einigt Euch. Gefälligst!
Und das ist das eigentlich Traurige an der ganzen Geschichte: Dass es für derlei simple Regeln des Umgangs miteinander offenbar hochrichterliche Sprüche braucht. Dass Einigungen ohne juristischen Beistand nicht möglich scheinen. Gerade wenn es um den Dauerbrenner in Sachen Streit geht – um das Rauchen. Da sind die Fronten über die Jahrzehnte derart verhärtet, dass ein Aufeinanderzugehen kaum machbar scheint. Entsprechend auch die üblichen Reflexe beider Seiten nach Bekanntwerden des Urteils. Diesmal war es den Rauchern vorbehalten, Empörung zu verspüren. Beim nächsten Mal könnten es wieder die Nichtraucher sein. Und immer so weiter. Volldampf voraus!
Das BGH-Urteil zum Nachbarschaftstreit in Brandenburg war Thema für »Pro und Contra« in der Februar-Schnüss. Weil ich das Urteil nicht so schlimm fand wie Kollegin Gitta, durfte ich den Pro-Part übernehmen.
Also ich halte von dem Urteil nicht viel. Der Raucher bezahlt ja auch für seine Wohnung miete und auch für den Balkon und nun darf er nicht mehr frei rauchen für eine Fläche, für die er bezahlt. Und mal ehrlich so eine Zigarette stört doch eigentlich keinen, wenn der Qualm einen, nicht direkt ins Gesicht gepustet wird. Leben und Leben lassen und gut ist.
Ich weiß nicht, ob das wirklich keinen stört. Das kommt sicherlich auf die Frequenz an und auf die Zahl der Personen, die rauchen. Wenn da zwei sitzen und sich alle paar Minuten eine anmachen, kann sich das auf Dauer schon eine Etage höher bemerkbar machen. Und die da oben zahlen halt auch Miete. (Das ist die andere Seite von leben und leben lassen.) Irgendwie muss man sich dann eben in der Mitte treffen und auf irgendwas einigen. Könnte funktionieren, wenn alle ein bisschen kompromissbereit sind.