Wer zu diesem Konzert möchte, muss sich nicht unbedingt beeilen. Die Aufführung des Stücks »Organ²/ASLSP« aus der Feder des US-amerikanischen Komponisten, Klangexperimentalisten und was nicht sonst noch alles John Cage (1912−1992) in der Burchardikirche zu Halberstadt hat zwar schon vor einiger Zeit begonnen. Sie wird aber auch noch eine ganze Weile andauern. Denn »ASLSP« steht für: as slow as possible. Mit der Frage, wie langsam denn »so langsam wie möglich« tatsächlich ist, beschäftigen sich Musikwissenschaftler und Orgelbauer, seit Cage dieses Stück Mitte der 80er Jahre erschaffen hat. Und weil deren Beantwortung weit über Musiktheorie und Spieltechnik hinausgeht, haben sich längst auch Theologen und Philosophen ihrer angenommen. Schließlich tangiert »Organ²/ASLSP« auch Aspekte, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Was ist Zeit? Was die Ewigkeit? Im Grunde wäre das Spielen dieses Stücks bis in die Unendlichkeit hinein denkbar. So sagt zumindest die Theorie.
In der Praxis wollen es die Menschen hinter dem John-Cage-Orgel-Kunstprojekt in Halberstadt allerdings nicht übertreiben. 639 Jahre, so meinen sie, sollen fürs Erste reichen. Dieses Alter hatte die Domorgel auf dem Buckel, als auf ihr im September 2001 der erste Ton der Cage-Komposition erklang. Ebenso viel Zeit soll nun während dessen Aufführung vergehen. Aufs große Ganze betrachtet, hat das Konzert also gerade erst begonnen. Aktuell wird Impuls 13 gespielt, ein mäandernder Dreiklang aus a, c und fis. Der nächste Klangwechsel ist für den 5. Oktober 2013 vorgesehen. Sollte man es dienstags bis sonntags zwischen 12:00 und 16:00 Uhr nicht in die Burchardikirche schaffen, lässt sich der aktuelle Ton auch im Internet anhören.