Naked Lunch beim »Kulturfestival X«: Immer weitermachen

Naked Lunch_Foto Ingo Pertramer
Foto: Ingo Pertramer

Mal berg­auf, mal berg­ab: Auf ihrem inzwi­schen 27 Jah­re lan­gen Weg hat­ten Naked Lunch im Som­mer eigent­lich einen Abste­cher nach Aachen ein­ge­plant. Der Plan: Im Musik­bun­ker soll­ten Klagenfurt‘s Finest ihren Bei­trag zum dies­jäh­ri­gen »Kul­tur­fes­ti­val X« leis­ten. Das Kon­zert wur­de inzwi­schen lei­der abgesagt.

Viel­leicht wäre alles anders gelau­fen, hät­ten sich die drei Teen­ager Oli­ver Welter, Peter Horn­bo­gner und Georg Tratt­nig bei der Grün­dung ihrer Band nicht nach aus­ge­rech­net die­sem Buch benannt. »Naked Lunch« ist weni­ger ein Roman als ein Hie­ro­ny­mus-Bosch-Gemäl­de aus Buch­sta­ben – eine Samm­lung von Visio­nen und Hal­lu­zi­na­tio­nen, von abstru­sen Erzäh­lun­gen, deren ursprüng­li­cher Lek­tor nach der Hälf­te das Hand­tuch warf. Er bekam Alb­träu­me von dem Stoff.

Es spricht Bän­de, dass Autor Wil­liam S. Bur­roughs zum Teil real Erleb­tes in die­sem Buch ver­ar­bei­tet hat. Und des­sen von Dra­men und Tra­gö­di­en gesäum­te Lebens­ab­schnit­te schei­nen an die Band wei­ter­ver­erbt wor­den zu sein, die den Namen sei­nes lite­ra­ri­schen Haupt­werks trägt. Auch der Weg von Naked Lunch aus Kla­gen­furt ist seit deren ers­ten Tagen zu Beginn der 1990er-Jah­re alles ande­re als hin­der­nis­los verlaufen.

Gleich in den Anfangs­jah­ren ging es für Naked Lunch steil berg­auf. Ihre Musik brach­te die Band aus der öster­rei­chi­schen Pro­vinz bis nach New York, bis auf eine Büh­ne mit Prin­ce und Bruce Springsteen. »Super­s­tar­dom«, so der damals pro­gram­ma­tisch anmu­ten­de Titel ihres zwei­ten Albums, schien nur noch eine Fra­ge der Zeit zu sein. Der wirk­lich rie­si­ge welt­wei­te Durch­bruch blieb jedoch aus. Statt­des­sen ging es immer wie­der auch steil berg­ab. Nach einer beson­ders har­ten Pha­se der Erfolg­lo­sig­keit leb­te Gitar­rist und Sän­ger Welter sogar ein hal­bes Jahr lang in sei­nem Auto.

KulturRegion März-Juli 2017, Seite 8

Und dann die­se Schick­sals­schlä­ge: Mal führ­te ein aus dem Ruder gelau­fe­ner Video­dreh schnur­stracks in den Knast. Mal brann­te kurz vor Fer­tig­stel­lung eines Albums das Stu­dio kom­plett ab. Eine mensch­li­che Kata­stro­phe war der Tod von Grün­dungs­mit­glied Tratt­nig im Jahr 2000. Bei soviel geball­ter Tra­gö­die hät­ten etli­che Leu­te irgend­wann ver­zwei­felt auf­ge­ge­ben. Die Musi­ker um Oli­ver Welter und den kurz nach der Grün­dung zur Band gesto­ße­nen Her­wig Zamer­nik aber eben nicht.

In einem Inter­view danach gefragt, hat Welter den Geist der Band ein­mal zu einem Satz ver­dich­tet: »Wir müs­sen immer wei­ter­ma­chen.« Und so haben sie alles genom­men, wie es kam, wäh­rend ihre Musik gemein­sam mit ihnen reif­te. Im 27. Jahr ihrer Exis­tenz ste­hen Naked Lunch längst für wun­der­vol­le Klang­land­schaf­ten, die im Zusam­men­spiel von Elek­tro­nik und Gitar­ren entstehen.

Naked Lunch »Mili­ta­ry Of The Heart«
Direk­ter Link: https://www.youtube.com/watch?v=96VxDQxVUEw

Für einen gan­zen Hau­fen gran­dio­ser Indie-Pop-Per­len, in denen sich Melan­cho­lie und Hoff­nungs­schim­mer die Hand rei­chen. Für gro­ßes Song­wri­ting und das fei­ne Händ­chen, um das Geschrie­be­ne per­fekt zu arran­gie­ren. Für gesun­ge­ne Geschich­ten und Visio­nen, die tief rein­ge­hen und lan­ge blei­ben. Am Ende ist es wohl doch voll­kom­men rich­tig, dass sie sich nach genau die­sem Buch benannt haben.

Die­ser Arti­kel erschien ursprüng­lich in der dies­jäh­ri­gen Früh­lings­aus­ga­be der »Kul­tur­Re­gi­on«, eines Kul­tur-Maga­zins für die Städ­te­re­gi­on Aachen. Anlass war das Kon­zert, das Naked Lunch am 7.7. in Aachen spie­len soll­ten. Die­ses Kon­zert wur­de mitt­ler­wei­le lei­der abge­sagt. Das Bild­ma­te­ri­al ent­stammt dem band­ei­ge­nen Pressematerial.

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