Kulturzentrum Alter Schlachthof Eupen: Der Geheimrat bittet zum Tanz

Grenzecho 27. November 2015, Seite 21

Kon­zert­hal­le, Elek­tro­nik-Tanz­bo­den und Chill Out Zone: Das Goe­the-Insti­tut Brüs­sel und Mea­kus­ma ver­wan­deln das Eupe­ner Kul­tur­zen­trum Alter Schlacht­hof an einem Abend in drei Locations.

Glaubt man den schrift­li­chen Über­lie­fe­run­gen, so hat­te auch Goe­the etwas fürs Fei­ern übrig. Mit den Zei­len »Tages Arbeit! Abends Gäs­te! Sau­re Wochen! Fro­he Fes­te!« hat der Herr Geheim­rat sei­ner­zeit doku­men­tiert, wie eine eher nicht so gute Arbeits­wo­che doch noch zu ret­ten sei. In die­sem Sin­ne ist es nur kon­se­quent, dass das nach ihm benann­te Goe­the-Insti­tut Brüs­sel am 5. Dezem­ber in Eupen zum Tanz bit­tet. Mit im Ver­an­stal­ter-Boot: das Kol­lek­tiv Mea­kus­ma. Und natür­lich muss nie­mand eine wirk­lich sau­re Woche vor­wei­sen, um sich zu die­ser Kon­zert- und Club-Nacht ein­ge­la­den zu fühlen.

Die Ver­an­stal­tung ist die bereits fünf­te Koope­ra­ti­on von Mea­kus­ma und dem Goe­the-Insti­tut und den­noch eine Pre­miè­re. »Bis­lang haben wir aus­schließ­lich in Brüs­sel mit­ein­an­der Events orga­ni­siert«, erzählt mit Micha­el Kreitz einer der bei­den Mea­kus­ma-Akteu­re. »Auf eine Gele­gen­heit, dies auch in Eupen tun zu kön­nen, war­ten wir schon sehr lan­ge.« Mit dem Ende der Restau­rie­rungs­ar­bei­ten am Alten Schlacht­hof ergibt sich nun erst­mals genau solch eine Gele­gen­heit, die die Orga­ni­sa­to­ren ent­schlos­sen ergrei­fen. Gleich drei Loca­ti­ons gleich­zei­tig wird das Kul­tur­zen­trum Alter Schlacht­hof an die­sem Abend her­ge­ben: »Kühl­raum«, »Hal­le« und »Kes­sel­haus«, die alle mit einem ande­ren kul­tu­rel­len Aspekt bespielt wer­den. Ins­ge­samt ergibt sich so ein wei­tes Feld zwi­schen Live-Musik und DJ-Kul­tur, zwi­schen Tan­zen und Chillen.

Um ein sol­ches Pro­gramm auf die Bei­ne zu stel­len, hat es eini­ges an Vor­lauf gebraucht. Seit gut zehn Mona­ten arbei­ten Mea­kus­ma und Goe­the-Insti­tut am Gelin­gen des Abends. Micha­el Kreitz: »Wir haben schon im Vor­feld immer eine rela­tiv genaue Vor­stel­lung, wie die Ver­an­stal­tung aus­se­hen soll. In Abspra­che mit dem Goe­the-Insti­tut haben wir die­se dann kon­kre­ti­siert, die dazu pas­sen­den Künst­ler gesucht und kon­tak­tiert.« Weil alle ange­frag­ten Künst­ler zusag­ten, hat sich für den 5. Dezem­ber ein äußerst illus­tres Pro­gramm ergeben.

So wer­den sich im »Kühl­raum« Krautrock­le­gen­den mit zeit­ge­nös­si­schen Kom­po­nis­ten die Klin­ke in die Hand geben. Gro­ße Namen sind mit von der Par­tie – Namen von Künst­lern, die der Musik­ge­schich­te der ver­gan­ge­nen vier Jahr­zehn­te ihren Stem­pel auf­ge­drückt haben. Hans Joa­chim Roe­de­li­us (Clus­ter) und Ste­fan Schnei­der (Kreid­ler) prä­sen­tie­ren eben­so ihr Duo-Pro­jekt live auf der Büh­ne wie Jaki Lie­be­zeit (Can) und Hans Joa­chim Irm­ler (Faust). Wäh­rend Roe­de­li­us und Schnei­der sich klang­lich zwi­schen Elek­tro­nik und Kla­vier­ro­man­tik bewe­gen, set­zen Lie­be­zeit und Irm­ler auf trei­ben­de Groo­ves, aus­ge­feil­te Sounds und freie Impro­vi­sa­ti­on. Alles geschieht im gesun­den Ver­hält­nis zwi­schen den eige­nen avant­gar­dis­ti­schen Wur­zeln und dem Wil­len, auch die Zukunft der Musik mit­zu­ge­stal­ten. Expe­ri­men­tier­freu­de, Tief­gang und Mut zum zwi­schen­zeit­li­chen Cha­os ist bei­den Pro­jek­ten gemein. Den Kon­zert­teil des Abends run­det der Free­jazz-Elek­tro­nik-Grenz­gän­ger André Vida ab, der mit sei­nen Per­for­man­ces Freun­de der Impro­vi­sa­ti­ons­kunst in aller Welt zum Zun­ge­schnal­zen bringt.

Levon Vincent_Pressefoto
Pres­se­fo­to

Nicht min­der nam­haft sind die DJs, die in der »Hal­le« für fei­ne elek­tro­ni­sche Tanz­mu­sik sor­gen: Levon Vin­cent (Foto), etwa, der mit sei­nem rohen, schmut­zi­gen House der New Yor­ker Club­sze­ne ent­stammt. Oder Efde­min, das bekann­tes­te Ali­as des Elek­tro­akus­ti­kers Phil­ipp Soll­mann, der seit mehr als zehn Jah­ren redu­zier­te, deut­lich von Ein­flüs­sen aus Chi­ca­go oder Detroit gepräg­te und gleich­zei­tig doch völ­lig eigen­stän­di­ge Klän­ge pro­du­ziert – glei­cher­ma­ßen ver­ein­nah­mend und auf das Nötigs­te her­un­ter­ge­bro­chen. Mit von der Par­tie sind auch die Zen­ker Brot­hers, Aus­hän­ge­schil­der der leben­di­gen Club­kul­tur aus Mün­chen. Als ost­bel­gi­scher Local Hero und hoff­nungs­vol­ler Nach­wuchs zwi­schen House, Tech­no und Elek­tro kommt Cas­pro in die »Hal­le«.

Die drit­te Loca­ti­on des Abends folgt einer guten alten Sit­te der Club-Kul­tur. Das »Kes­sel­haus« wird zur Chill Out Zone – mit Sets von Bryce Hack­ford und Rüf­ta­ta 110, im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes unter­malt durch frei gezeich­ne­te Ani­ma­tio­nen der Illus­tra­to­ren­grup­pe Pos­te Aéri­en­ne, live gefilmt und an die Wän­de pro­ji­ziert. Hier darf ent­spannt werden.

Kraut­rock trifft DJ-Kul­tur, ana­log trifft digi­tal, Repe­ti­ti­on trifft Impro­vi­sa­ti­on. Das klingt ins­ge­samt nach einem wohl­tem­pe­rier­ten Fest. Und auch an die­ser Stel­le lässt sich treff­lich Goe­the zitie­ren: »Es ist gar nichts an einem Fes­te ohne wohl­ge­putz­te vor­neh­me Gäs­te.« Die Ver­an­stal­tung beginnt um 19 Uhr.

Die­ser Arti­kel erschien ursprüng­lich im »Grenz­echo«, der deutsch­spra­chi­gen Tages­zei­tung für Ost­bel­gi­en. Das Bild von Levon Vin­cent gehört zum Pres­se­ma­te­ri­al des Ver­an­stal­ters Meakusma.

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