Konzerthalle, Elektronik-Tanzboden und Chill Out Zone: Das Goethe-Institut Brüssel und Meakusma verwandeln das Eupener Kulturzentrum Alter Schlachthof an einem Abend in drei Locations.
Glaubt man den schriftlichen Überlieferungen, so hatte auch Goethe etwas fürs Feiern übrig. Mit den Zeilen »Tages Arbeit! Abends Gäste! Saure Wochen! Frohe Feste!« hat der Herr Geheimrat seinerzeit dokumentiert, wie eine eher nicht so gute Arbeitswoche doch noch zu retten sei. In diesem Sinne ist es nur konsequent, dass das nach ihm benannte Goethe-Institut Brüssel am 5. Dezember in Eupen zum Tanz bittet. Mit im Veranstalter-Boot: das Kollektiv Meakusma. Und natürlich muss niemand eine wirklich saure Woche vorweisen, um sich zu dieser Konzert- und Club-Nacht eingeladen zu fühlen.
Die Veranstaltung ist die bereits fünfte Kooperation von Meakusma und dem Goethe-Institut und dennoch eine Première. »Bislang haben wir ausschließlich in Brüssel miteinander Events organisiert«, erzählt mit Michael Kreitz einer der beiden Meakusma-Akteure. »Auf eine Gelegenheit, dies auch in Eupen tun zu können, warten wir schon sehr lange.« Mit dem Ende der Restaurierungsarbeiten am Alten Schlachthof ergibt sich nun erstmals genau solch eine Gelegenheit, die die Organisatoren entschlossen ergreifen. Gleich drei Locations gleichzeitig wird das Kulturzentrum Alter Schlachthof an diesem Abend hergeben: »Kühlraum«, »Halle« und »Kesselhaus«, die alle mit einem anderen kulturellen Aspekt bespielt werden. Insgesamt ergibt sich so ein weites Feld zwischen Live-Musik und DJ-Kultur, zwischen Tanzen und Chillen.
Um ein solches Programm auf die Beine zu stellen, hat es einiges an Vorlauf gebraucht. Seit gut zehn Monaten arbeiten Meakusma und Goethe-Institut am Gelingen des Abends. Michael Kreitz: »Wir haben schon im Vorfeld immer eine relativ genaue Vorstellung, wie die Veranstaltung aussehen soll. In Absprache mit dem Goethe-Institut haben wir diese dann konkretisiert, die dazu passenden Künstler gesucht und kontaktiert.« Weil alle angefragten Künstler zusagten, hat sich für den 5. Dezember ein äußerst illustres Programm ergeben.
So werden sich im »Kühlraum« Krautrocklegenden mit zeitgenössischen Komponisten die Klinke in die Hand geben. Große Namen sind mit von der Partie – Namen von Künstlern, die der Musikgeschichte der vergangenen vier Jahrzehnte ihren Stempel aufgedrückt haben. Hans Joachim Roedelius (Cluster) und Stefan Schneider (Kreidler) präsentieren ebenso ihr Duo-Projekt live auf der Bühne wie Jaki Liebezeit (Can) und Hans Joachim Irmler (Faust). Während Roedelius und Schneider sich klanglich zwischen Elektronik und Klavierromantik bewegen, setzen Liebezeit und Irmler auf treibende Grooves, ausgefeilte Sounds und freie Improvisation. Alles geschieht im gesunden Verhältnis zwischen den eigenen avantgardistischen Wurzeln und dem Willen, auch die Zukunft der Musik mitzugestalten. Experimentierfreude, Tiefgang und Mut zum zwischenzeitlichen Chaos ist beiden Projekten gemein. Den Konzertteil des Abends rundet der Freejazz-Elektronik-Grenzgänger André Vida ab, der mit seinen Performances Freunde der Improvisationskunst in aller Welt zum Zungeschnalzen bringt.
Nicht minder namhaft sind die DJs, die in der »Halle« für feine elektronische Tanzmusik sorgen: Levon Vincent (Foto), etwa, der mit seinem rohen, schmutzigen House der New Yorker Clubszene entstammt. Oder Efdemin, das bekannteste Alias des Elektroakustikers Philipp Sollmann, der seit mehr als zehn Jahren reduzierte, deutlich von Einflüssen aus Chicago oder Detroit geprägte und gleichzeitig doch völlig eigenständige Klänge produziert – gleichermaßen vereinnahmend und auf das Nötigste heruntergebrochen. Mit von der Partie sind auch die Zenker Brothers, Aushängeschilder der lebendigen Clubkultur aus München. Als ostbelgischer Local Hero und hoffnungsvoller Nachwuchs zwischen House, Techno und Elektro kommt Caspro in die »Halle«.
Die dritte Location des Abends folgt einer guten alten Sitte der Club-Kultur. Das »Kesselhaus« wird zur Chill Out Zone – mit Sets von Bryce Hackford und Rüftata 110, im wahrsten Sinne des Wortes untermalt durch frei gezeichnete Animationen der Illustratorengruppe Poste Aérienne, live gefilmt und an die Wände projiziert. Hier darf entspannt werden.
Krautrock trifft DJ-Kultur, analog trifft digital, Repetition trifft Improvisation. Das klingt insgesamt nach einem wohltemperierten Fest. Und auch an dieser Stelle lässt sich trefflich Goethe zitieren: »Es ist gar nichts an einem Feste ohne wohlgeputzte vornehme Gäste.« Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.
Dieser Artikel erschien ursprünglich im »Grenzecho«, der deutschsprachigen Tageszeitung für Ostbelgien. Das Bild von Levon Vincent gehört zum Pressematerial des Veranstalters Meakusma.