Mit den Grandbrothers kommen zwei Künstler nach Aachen, die dem Flügel und seinen musikalischen Möglichkeiten neue Wege weisen.
Wenn sich die diesjährige »Lange Nacht der Museen« in Aachen ihrem Ende zuneigt, werden Erol Sarp und Lukas Vogel die Bühne im Space des Ludwig Forum betreten. Gemeinsam werden sie sich an einen Flügel setzen – Sarp an die Tasten, Vogel an eine ganze Batterie von Kästen, die über Kabel mit dem Instrument verbunden sind. Und innerhalb der nächsten Stunde werden die beiden eben diesem Instrument Melodien und Klanglandschaften entlocken, die andersförmig sind als das Altbekannte, die gleichsam eingängig wie berührend sind, die ohne jedes Wort kleine Geschichten erzählen und den Zuhörer bannen.
»Uns war es von Anfang an wichtig, dass der Ton alleine aus dem Flügel kommt«, erklärt Erol Sarp. »Wir wollten keine anderen Instrumente, weil das eine so viel Angriffsfläche bietet. Mit den Saiten, aber auch mit dem ganzen Holz und dem Metall drumherum.« Im Jahr 2011 lernten sich Sarp und Vogel – beide Klavierspieler seit Kindertagen – während des Ton- und Bildtechnikstudiums in Düsseldorf kennen. Während der eine, Sarp, den Tasten treu geblieben war, hatte sich der andere in der Zwischenzeit elektronischen Klängen zugewandt. Gemeinsam starteten sie ein experimentelles Projekt, das mittlerweile längst eine feste musikalische Formation geworden ist: Grandbrothers, benannt nach dem einzigen Instrument, das bei ihnen zum Klang beiträgt, dem Grand Piano, dem Flügel.
Dass das Debüt-Album »Dilation« erst in diesem Frühjahr erschien, ist der Akribie geschuldet, mit der die beiden zu Werke gingen und gehen. Erol Sarp: »Es brauchte einige Zeit, bis wir unseren Sound gefunden hatten. Wir wollten die Möglichkeiten erforschen, mit Klang experimentieren und daraus dann wieder Musik machen.« Das Ergebnis kann sich hören lassen – und ein bisschen auch sehen. Denn wenn die Grandbrothers mit dem Aufbau ihres Instruments und dem Soundcheck fertig sind, sieht die Bühne immer aus wie das Labor eines durchgedrehten Professors. Überall ragen Kabel aus dem Flügel, als wolle Frankenstein persönlich ihn im nächsten Augenblick zum Leben erwecken. Tatsächlich sind es dann aber doch die beiden Musiker, die am Instrument Platz nehmen. Der eine an den Tasten, der andere an den »Kästen«, um der zeitgenössischen Klaviermusik eine völlig neue, mal perkussive, mal elektronisch verfremdete Note zu verpassen. Und die kommt im Feuilleton und beim Konzertpublikum gleichermaßen hervorragend an.
»Alles, was auf unserem Album zu hören ist, können wir ganz genau so auch live spielen«, beteuert Lukas Vogel. »Zusätzliche Spuren oder Samples brauchen wir nicht.« Wenn sich die diesjährige »Lange Nacht der Museen« ihrem Ende zuneigt, kann sich das Aachener Publikum davon selbst überzeugen.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Septemberausgabe des Aachener Stadtmagazins »Klenkes«. Wie sich die Grandbrothers anhören, kann man beispielsweise auf ihrer Seite bei Soundcloud erfahren.
1 Kommentar zu “Grandbrothers bei der 13. Aachener »Langen Nacht der Museen«: Das dekonstruierte Klavier”