Beethovenfest 2017: Im Zeichen des Liedes und der Liebe

Public Viewing beim Beethovenfest Bonn 2015
Foto: Sonja Werner

Die dies­jäh­ri­ge Auf­la­ge des Beet­ho­ven­fes­tes wid­met sich einer das Inners­te offen­ba­ren­den Sei­te ihres Namens­ge­bers. Auch der uner­füllt lie­ben­de Lud­wig hat Gro­ßes hinterlassen.

Er war ein Ver­än­de­rer, auch ein Revo­lu­tio­när. Nach­dem das Beet­ho­ven­fest mit sei­ner künst­le­ri­schen Aus­rich­tung in den ver­gan­ge­nen bei­den Jah­ren die­sen bei­den Qua­li­tä­ten Lud­wig van Beet­ho­vens nach­ge­spürt hat, haben die Macher des Fes­ti­vals um Kura­to­rin Nike Wag­ner für das Jahr 2017 eine ver­gleichs­wei­se stil­le Sei­te Beet­ho­vens zum Zen­trum ihrer rund 60 Ver­an­stal­tun­gen zwi­schen dem 8. Sep­tem­ber und 1. Okto­ber gemacht: den lie­ben­den Lud­wig, den vor allem sehn­süch­tig liebenden.

Denn obwohl immer wie­der für eine Frau ent­flammt, hat es Beet­ho­ven nie in den bür­ger­li­chen Hafen der Ehe geschafft. Statt­des­sen zog er schöp­fe­ri­sche Kraft aus uner­füll­ter Lie­be, aus der Unmög­lich­keit zusam­men zu sein, eben aus der Sehn­sucht. Im Jahr 1812 schrieb er den Brief an die »unsterb­li­che Gelieb­te«, deren unkla­re Iden­ti­tät bis heu­te die Exper­ten beschäftigt.

Vier Jah­re spä­ter schuf er mit den sechs Lie­dern »An die fer­ne Gelieb­te« den ers­ten Lie­der­zy­klus der Musik­ge­schich­te. Gleich­zei­tig mar­kier­te die­ses Werk die Ein­lei­tung der spä­ten Schaf­fens­pe­ri­ode Beet­ho­vens, sei­ne Öff­nung hin zu Lyrik und Kam­mer­mu­sik. Und um eben die­sen Zyklus dreht sich das dies­jäh­ri­ge Fes­ti­val – in sei­ner ursprüng­li­chen, gesun­ge­nen Form, in Orches­ter­fas­sung oder tran­skri­biert für Solo-Piano.

Weltstar und Tag des Liedes

Aus­ge­hend von der fer­nen Gelieb­ten beschäf­ti­gen sich gleich meh­re­re ande­re Kon­zert­aben­de mit der Spar­te der Lied­kunst. Ein gro­ßer Akzent des dies­jäh­ri­gen Beet­ho­ven­fes­tes setzt sich mit die­ser zumeist sehr inti­men Musik­form aus­ein­an­der, mit dem sacht nach außen gekehr­ten Inne­ren, mit der Kam­mer­mu­sik, aber auch mit den Aus­prä­gun­gen des Lie­des in der heu­ti­gen Zeit.

Der »Welt­star des Lie­des«, Bari­ton Mat­thi­as Görne, übernimmt – beglei­tet von Pia­nist Alex­an­der Schmal­cz – am 10.9. in der Oper Bonn das zen­tra­le Werk 2017, »An die Fer­ne Gelieb­te«. Das »Ita­lie­ni­sche Lie­der­buch« von Hugo Wolf wie­der­um steht am 14.9. im Mit­tel­punkt eines Lie­der­abends in der Bun­des­kunst­hal­le. Am 17.9., dem »Tag des Lie­des« kom­men im Beet­ho­ven-Haus unter dem Mot­to »Lie­der – mit und ohne Wor­te« Volks­lie­der, Kunst­lie­der und Charakterstücke zu Gehör.

Irene Kurka_Foto Hartmut Bühler
Foto: Hart­mut Bühler

»Beet­ho­vens Lie­bes­lie­der – damals und heu­te« heißt ein am 24.9. im Col­le­gi­um Leo­ni­num frei gestal­te­ter Lie­der­abend der Sopra­nis­tin Ire­ne Kur­ka (Foto) und der Kom­po­nis­tin Karin Hauß­mann, bei dem Beet­ho­vens Brief an die »unsterb­li­che Gelieb­te« im Mit­tel­punkt steht. Und im Stadt­mu­se­um Sieg­burg präsentiert der Kam­mer­chor der Kreuz­kir­che Vox Bona unter der Lei­tung von Karin Freist-Wis­sing am 29.9. unter ande­rem die »Lie­bes­lie­der-Wal­zer« von Johan­nes Brahms. Dazu schla­gen Solo­lie­der und Chor­lie­der den Bogen von Dow­land und Mozart bis zu John Len­non und Micha­el Jackson.

Sinfonien und Quartette

Neben einer aus­gie­bi­gen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Lied­kunst umfasst das Beet­ho­ven­fest aber natür­lich auch Sin­fo­nien – etwa beim Eröff­nungs­kon­zert am 8.9. im WCCB –, Kon­zer­te und kam­mer­mu­si­ka­li­sche Wer­ke sei­nes Namens­ge­bers und ande­rer gro­ßer Kom­po­nis­ten. In sei­nem Kla­vier­abend nimmt etwa Pia­nist Alex­an­der Kri­chel Bezug auf das diesjährige Fes­ti­val-Mot­to: Er spielt am 12.9. im Beet­ho­ven-Haus Liszts Tran­skrip­ti­on von Beet­ho­vens »fer­ner Gelieb­ten«. Mit Wer­ken von Brahms beschwört das Trio Jean Paul gemein­sam mit Brat­schis­tin Isa­bel­le von Keu­len am 21.9. im Stadt­mu­se­um Sieg­burg dage­gen die »nahe Geliebte«.

Das schwei­ze­risch-israe­li­sche Vokal­ensem­ble Pro­f­e­ti del­la Quin­ta erweckt am 19.9. in der Kreuz­kir­che die klang­li­che Viel­falt des ita­lie­ni­schen Madri­gals zu neu­em Leben. Der­weil steht für das Ensem­ble Più̀ das klas­si­sche Obo­en­quar­tett im Zen­trum sei­nes Wir­kens: Bei sei­nem Kon­zert am 22.9. in St. Ever­gis­lus Bre­nig umrah­men Beet­ho­ven-Wer­ke Franz Schu­berts groß­ar­ti­ges Streich­trio B‑Dur und eine Uraufführung von Frank Zabel.

Jazz, Crossover, Tanz, Film

»Equi Voci«_Foto Julien Lambert
Foto: Juli­en Lambert

Dazu gibt es Jazz, Cross­over, Open-Air-Klas­sik im Pop­pels­dor­fer Schloss und schon tra­di­tio­nell auch die Ver­bin­dung zum Tanz. So gestal­ten am 26. und 27.9. mit Anne Tere­sa de Keers­mae­ker, Maguy Marin und Luc­in­da Childs drei der größ­ten Cho­reo­gra­phin­nen unse­rer Zeit tän­ze­ri­sche Fas­sun­gen von Beet­ho­vens gro­ßer Fuge in der Oper Bonn.

Nicht min­der span­nend »Equi Voci« (Foto), eine Kom­bi­na­ti­on aus Tanz, Film und Live-Musik am 17.9. im WCCB: Gleich drei Fil­me des bel­gi­schen Film­künst­lers Thier­ry de Mey wer­den auf gro­ßen Lein­wän­den gezeigt und vom Sin­fo­nie­or­ches­ter Wup­per­tal live beglei­tet. Vom Screen wech­selt das Gesche­hen ins Foy­er, wo Tho­mas Hau­erts Grup­pen­cho­reo­gra­phie zu Ravels »La Val­se« insze­niert wird, ehe Get the Tas­te mit Jazz den Abend abrun­det. Einer von vie­len Aben­den des dies­jäh­ri­gen Beet­ho­ven­fes­tes, den man mit Sehn­sucht erwar­ten kann. Und aus Sehn­sucht kann Gro­ßes entstehen.

Die­ser Arti­kel erschien ursprüng­lich in der Sep­tem­berasu­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss«. Die Bil­der ent­stam­men dem Pres­se­ma­te­ri­al des Beethovenfestes.

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