Ostbelgienfestival: Spontan mit quasi Unbekannten

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Anne-Sophie Lemai­re hat anstren­gen­de Wochen hin­ter sich. Fast zeit­gleich ende­ten die Schul­lauf­bahn der 17-Jäh­ri­gen und ihre Aus­bil­dung am König­li­chen Kon­ser­va­to­ri­um Brüs­sel. Alle Prü­fun­gen sind abge­legt. Als frisch geba­cke­ne Absol­ven­tin und »Artist in Resi­dence« spielt die Aus­nah­me­vio­li­nis­tin aus Rae­ren am kom­men­den Sonn­tag ihr ers­tes von drei Kon­zer­ten beim dies­jäh­ri­gen Ost­bel­gi­en­fes­ti­val. Ein kur­zes Vorabgespräch.

Anne-Sophie, was erwar­tet die Kon­zert­be­su­cher am Sonntag?

»Ein in vie­ler­lei Hin­sicht unge­wöhn­li­cher Abend. Nor­ma­ler­wei­se sind sol­che Kon­zer­te in der Aus­wahl des Pro­gramms sehr weit gefä­chert. Wir aber wer­den Debus­sy, Franck und Ravel spie­len, drei Künst­ler, zwi­schen denen enge Ver­bin­dun­gen bestan­den. César Franck war etwa der Leh­rer von Clau­de Debus­sy. Die­se Ver­bin­dun­gen merkt man den Stü­cken an. Wo sonst drei sepa­ra­te Wer­ke zu hören sind, wird am Sonn­tag ein durch­ge­hen­der Fluss zu spü­ren sein.«

Was macht den Abend noch ungewöhnlich?

»Der beson­de­re Ort, an dem das Gan­ze statt­fin­det. Soweit ich weiß, wer­den wir als ers­te Musi­ker über­haupt in der frisch reno­vier­ten Kapel­le des Klos­ter Heid­berg in Eupen spie­len. Wie wird es dort sein? Klang­lich, aber auch die Atmo­sphä­re betref­fend. Ant­wor­ten auf sol­che Fra­gen wird es erst beim Kon­zert selbst geben. Das ist für das Publi­kum span­nend, für uns Künst­ler aber nicht min­der. Ich freue mich sehr auf die­sen Abend.«

Ihr ers­ter als dies­jäh­ri­ger »Artist in Resi­dence« des Ost­bel­gi­en­fes­ti­vals. Wel­che Bedeu­tung hat die­ser Titel für Sie?

»Zunächst ist es eine gro­ße Ehre, eine Chan­ce dazu­zu­ler­nen. Und zugleich die Gele­gen­heit, mit tol­len Musi­kern zusam­men­zu­spie­len. Am Sonn­tag zum Bei­spiel mit der wun­der­ba­ren Vio­li­nis­tin und Köni­gin-Eli­sa­beth-Preis­trä­ge­rin Tatia­na Samouil oder dem groß­ar­ti­gen Kla­ri­net­tis­ten Jean-Michel Char­lier. Als Mensch, der alles Spon­ta­ne liebt, bin ich sehr gespannt, was sich musi­ka­lisch zwi­schen uns, aber auch zwi­schen allen ande­ren Musi­kern auf der Büh­ne ent­wi­ckeln wird.«

Inwie­fern spon­tan ent­wi­ckeln? Sind die Noten der Wer­ke nicht klar vorgegeben?

»Natür­lich haben wir in der Klas­sik nicht die Frei­heit zu impro­vi­sie­ren, wie sie etwa im Jazz besteht. Aber eine gewis­se Frei­heit besteht auch für uns. Gera­de bei Fes­ti­vals wie dem Ost­bel­gi­en­fes­ti­val spielt man oft mit Musi­kern zusam­men, die man erst kurz zuvor ken­nen­lernt. Und wäh­rend man in fes­ten Ensem­bles sehr genau um das musi­ka­li­sche Wesen der ande­ren weiß, stel­len Fes­ti­val-Kon­stel­la­tio­nen Ver­bin­dun­gen zu qua­si Unbe­kann­ten her. Jeder bringt sei­ne Ideen zu den Stü­cken mit, die schon wäh­rend der Pro­ben, aber auch auf der Büh­ne zu allen ande­ren hin­über­we­hen. Da geht es weni­ger um Noten als um ein Gefühl, einen Impuls. Wenn man die­sem Impuls folgt, ent­steht etwas Neu­es, ohne dass man das ursprüng­li­che Werk in sei­ner Form antas­ten müss­te. Mit so her­vor­ra­gen­den Musi­kern wie Samouil oder Char­lier wird das ganz bestimmt eine Men­ge Spaß machen. Und ich bin mir sicher, dass das Publi­kum das sehen und hören wird.«

Vie­len Dank für das Gespräch, Anne-Sophie.

Das Inter­view erschien ursprüng­lich im »Grenz­echo«, der deutsch­spra­chi­gen Tages­zei­tung für Ost­bel­gi­en. Neben dem Kon­zert am 28.6. wird Anne-Sophie Lemai­re noch zwei wei­te­re Auf­trit­te im Rah­men des Ost­bel­gi­en­fes­ti­vals haben: Am 30.8. wird sie mit der Cel­lis­tin Camil­le Seg­hers und dem Pia­nis­ten Oli­vi­er Laville jeweils ein Kla­vier­trio von Dvo­rak, Mozart und Schu­bert spie­len. Und am 20.9. wird sie als Teil der Young Bel­gi­an Strings ins Klos­ter Heid­berg zurück­keh­ren. Als beson­de­res High­light wird sie dabei mit Loren­zo Gat­to das Dop­pel­kon­zert von Bach interpretieren.

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