Da haben sich die Löwen im Kopenhagener Zoo neulich bestimmt tierisch gefreut. Endlich noch mal Futtern wie bei Muttern. Statt langweiliger mitteleuropäischer »Beute« gab es etwas Ordentliches aus der Heimat: Giraffe. Im direkten Vergleich war ihr Mittagessen an jenem Tag also ein ausnahmsweise langhalsiges, geflecktes Glied in der endlos langen Kette der armen Schweine, die in einem solchen Zoo dran glauben müssen, wenn die Könige der Tiere Hunger bekommen. Der Genuss von Marius sei ihnen auch im Nachhinein von Herzen gegönnt.
Leider kommen wir genau an dieser Stelle zum Haken, der an der Löwenfütterung hängt. Das Futter sah für Menschenaugen nicht nur deutlich niedlicher aus als der sonstige Löwenfraß, es hatte auch noch einen Namen, ja sogar eine Geschichte. Und die wurde zu allem Überfluss auch noch fleißig in der Gegend herumerzählt, nachdem das Publikum seiner Verfütterung hatte beiwohnen dürfen. Dadurch wurde es allen Interessierten ziemlich leicht gemacht, tiefe Betroffenheit zu spüren. Bis zum Zorn war es dann nicht mehr weit, bis zum Hass für besonders Durchgeknallte nur ein Katzensprung. Die Morddrohungen gegen den Zoodirektor waren ein gefundenes Fressen für die Medien. Ruck zuck war das Ganze zum Skandal hochgekocht.
Was bei der ganzen Sache auf der Strecke bleibt, sind die Lehren, die man aus der Geschichte ziehen könnte: Tiere essen Tiere, auch im Zoo. Menschen verhelfen manchen Tieren zu ihrem Futter, gerade im Zoo. Das ist nicht schön und Menschen sollten andere Menschen nicht dabei zuschauen lassen, auch nicht im Zoo. Und um auch das einmal festzuhalten: Den Langhals hätte es auch unabhängig vom Löwenhunger erwischt. Es wurde also nicht eine Giraffe geopfert, es wurde eine gute Handvoll Schweine gerettet. Na ja, zumindest vorerst verschont. Vielleicht wäre es gut gewesen, das ein bisschen deutlicher zu kommunizieren statt der Geschichte von Marius.
Zugegeben, das Thema dieses Pro-und-Contra-Beitrags aus der »Schnüss« vom März ist nicht mehr das allerfrischeste. Marius ist aus Löwensicht und auch medial längst verdaut. Dass es der Artikel trotzdem ins Internet geschafft hat, ist wohl meinem Hang zur Komplettierung geschuldet. Oder wem auch immer.