Cliff McLane: Rollende Fotomaschinen mit Seele

Cliff McLane Mercury (Foto: Cliff McLane)
Foto: Cliff McLane

Wenn sie nicht gera­de in der Welt­ge­schich­te her­um­fah­ren, um Men­schen zu knip­sen, par­ken zwei außer­ge­wöhn­li­che Foto­bus­se in Wacht­berg. In letz­ter Zeit ste­hen sie dort immer sel­te­ner, denn die Welt will Cliff McLane.

In den ver­gan­ge­nen zwei­ein­halb Jah­ren hat Chris­toph Pforr eine gan­ze Men­ge gelernt: über Netz­werk­tech­nik, zum Bei­spiel, oder dar­über, wo die ein­zel­nen Tei­le eines Die­sel­mo­tors hin­ge­hö­ren. Sol­che zuvor unan­ge­tas­te­ten Wis­sens­ge­bie­te wären dem 34-Jäh­ri­gen aus Wacht­berg wohl ver­schlos­sen geblie­ben, gehör­te er zu den Men­schen, die Wege ohne Wider­stand oder halb­ga­re Lösun­gen von der Stan­ge bevor­zu­gen. Weil Pforr sich aber ger­ne außer­halb jeg­li­cher Kom­fort­zo­nen bewegt, wur­de aus dem frei­be­ruf­li­chen Foto­gra­fen die eine Hälf­te des dyna­mi­schen Duos hin­ter Cliff McLa­ne. Cliff wer? Am bes­ten erzählt sich die­se Geschich­te wahr­schein­lich der Rei­he nach.

In einem frü­he­ren Leben, das aus heu­ti­ger Sicht meh­re­re Tau­send Arbeits­stun­den ent­fernt liegt, foto­gra­fier­te Chris­toph Pforr im Auf­trag von Agen­tu­ren Gebäu­de und Indus­trie­an­la­gen, Land­schaf­ten und Men­schen auf Ver­an­stal­tun­gen. Von Zeit zu Zeit tat er Freun­den einen Gefal­len, indem er zu deren Hoch­zei­ten oder sons­ti­gen Fei­ern eine Foto­kis­te zusam­men­bau­te. »Die Din­ger sahen so öde aus wie Vogel­häus­chen«, erzählt er. »Und ich habe immer wie­der über­legt, wel­che coo­len Ver­pa­ckun­gen es für so einen Foto­au­to­ma­ten sonst noch gäbe.« Im Jahr 2012 kam ihm zum ers­ten Mal der Gedan­ke an einen Bus. Gleich dar­auf ver­warf er ihn wie­der. Finan­zi­ell schien eine Ver­wirk­li­chung die­ser Idee nicht machbar.

Foto: Cliff McLane
Foto: Cliff McLane

Als er ein gutes Jahr spä­ter mit Make-Up-Künst­le­rin Sarah Her­mann ein Klein­kunst­fes­ti­val in Brüs­sel besuch­te, war der Gedan­ke schlag­ar­tig wie­der da. Vie­le der Jon­gleu­re und Feu­er­spu­cker fuh­ren den Kas­ten­wa­gen eines schwä­bi­schen Auto­bau­ers, ein klo­bi­ges Nutz­fahr­zeug, robust und gut drei Ton­nen schwer – qua­si der kan­ti­ge Gegen­ent­wurf zum kusche­li­gen Hip­pie-Bul­li aus Wolfs­burg. Pforr und Her­mann waren sich sofort einig: So ein Bus soll­te es sein, ein »Düs­sel­dor­fer«, wie der Volks­mund ihn nennt, weil er am Hel­au-Rhein statt am Neckar gebaut wur­de. Anfang 2014 kauf­ten die bei­den einen sol­chen Old­ti­mer. Sie brauch­ten ziem­lich genau ein Jahr, um ihn nach ihren Vor­stel­lun­gen umzubauen.

»Die ers­te Lösungs­idee ist fast nie die bes­te. Es lohnt sich immer, noch ein wenig wei­ter nach­zu­den­ken«, lau­tet eine der Leh­ren fürs Leben, die die bei­den Kas­ten­wa­gen­be­sit­zer in die­ser Zeit gezo­gen haben. Allei­ne vier Sofas stan­den im geräu­mi­gen Inne­ren des Düs­sel­dor­fers, ehe das abso­lut pas­sen­de Sitz­mö­bel gefun­den war. Ähn­lich lief es mit ande­ren Einrichtungsgegenständen.

Foto: Cliff McLane
Foto: Cliff McLane

Am Ende aber war ihr Bus nach allen Regeln der Kunst und des Per­fek­tio­nis­mus ein­ge­rich­tet – ein Traum von einem 80er-Jugend­zim­mer mit Spie­le­kon­so­le, E‑Gitarre, Ghet­to­blas­ter und allem Pipa­po. »Wir woll­ten die Ein­rich­tung so, wie wir die Zeit damals erlebt haben«, sagt Chris­toph Pforr. »Nicht so, wie sie heu­te rück­bli­ckend idea­li­siert wird.« Tat­säch­lich funk­tio­niert der Bus im Span­nungs­feld zwi­schen Iro­nie und ech­ter Nost­al­gie. Und dass unter der Hau­be neu­es­te Foto-Tech­nik schlum­mert, merkt man allen­falls an den per­fek­ten Bil­dern, die der Bus von sei­nen Gäs­ten schießt. Der Bus, der inzwi­schen auch einen Namen hat: Cliff McLa­ne, benannt nach dem Kom­man­dan­ten der Raum­pa­trouil­le Ori­on.

Chris­toph Pforr: »Die Namens­ge­bung für Autos kam mit Sarah in mein Leben. Als wir uns ken­nen­lern­ten, fuhr sie einen Klein­wa­gen namens Ramon, der 100 Euro gekos­tet hat­te.« Im Ver­gleich zu Ramon ist der gute Cliff eine eher kost­spie­li­ge Ange­le­gen­heit. Die Soft­ware zur Foto­be­ar­bei­tung und Online-Bereit­stel­lung ohne über­mä­ßi­ge Daten­er­he­bung wur­de bei­spiels­wei­se eigens für den Bus programmiert.

Dass Pforr und Her­mann inzwi­schen rund 160.000 Euro in das Pro­jekt »Cliff McLa­ne« gesteckt haben, liegt nicht zuletzt dar­an, dass es mitt­ler­wei­le zwei Bus­se gibt. Gera­de im Juli fei­er­te »Mer­cu­ry« sei­ne Jung­fern­fahrt. Der anthra­zit­far­be­ne Düs­sel­dor­fer pro­fi­tiert unter ande­rem in Sachen Licht­füh­rung und Schat­ten­spie­le­rei­en von den Erfah­run­gen sei­ner Besit­zer und kann dar­um sogar noch ein biss­chen mehr als sein älte­rer Kollege.

Foto: Cliff McLane
Foto: Cliff McLane

Und bei­de Bus­se haben ordent­lich zu tun. Es hat eini­ges an Vor­lauf und Klin­ken­put­zen gebraucht, aber mitt­ler­wei­le ist der Ter­min­ka­len­der rap­pel­voll. Von der Kie­ler Woche bis zur Netz­kul­tur­kon­fe­renz »Re:Publica«, von der Betriebs­fei­er bis zur Auto­haus­er­öff­nung: Alle Welt möch­te von Cliff McLa­ne geknipst wer­den – inzwi­schen auch jen­seits der Gren­zen Deutschlands.

In die­sen Tagen ste­hen die Bus­se beim »Szi­get«-Fes­ti­val in Buda­pest. »Zwei Tage Hin­fahrt, zwei Tage zurück, aber wir woll­ten das unbe­dingt machen«, sagt Chris­toph Pforr. »Allein schon um den Leu­ten ein Foto zu schi­cken, die uns damals abrie­ten und mein­ten, so ein Bus sei schnel­ler kaputt als man gucken könn­te.« Theo­re­tisch könn­te Cliff McLa­ne zur sel­ben Zeit auch irgend­wo im Rhein­land ste­hen. Aber das wäre ja einer die­ser eher lang­wei­li­gen Wege ohne Widerstand.

Die­ser Arti­kel erschien ursprüng­lich in der August­aus­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss«.

Die Fotos von den bei­den Bus­sen wur­den mir vom Cliff-McLa­ne-Team zur Ver­fü­gung gestellt.

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