Tafereel-Theater: »Tür auf, Tür zu«

Tafereel Theater Münster: Tür auf Tür zu

Am Wochen­en­de hat es mich nach Müns­ter ver­schla­gen. Also, eigent­lich nur am Sams­tag und so rich­tig eigent­lich auch nur für ein paar Stun­den. Nach­mit­tags hin­fah­ren, Thea­ter­be­such, einen Hap­pen essen und zurück: So sah das aus. Und das Gan­ze hat­te für mich neben Inter­es­se an Kul­tur auch einen fami­liä­ren Hin­ter­grund. Mein Bru­der lebt seit eini­gen Jah­ren in Müns­ter, spielt dort Thea­ter und das Tafere­el-Thea­ter, die Grup­pe, mit der er das tut, prä­sen­tiert all­jähr­lich so gegen die Jah­res­mit­te ein neu­es Stück. In die­sem Jahr ist das »Tür auf, Tür zu« von Ingrid Lau­sund. Am Sams­tag wur­de Pre­miè­re gefei­ert und ich war dabei.

Die Hand­lung des Stücks liest sich wie folgt:

»Alles lief per­fekt. Doch plötz­lich ist sie zu. Die Tür, durch die Anne­liz täg­lich ein- und aus­ging, ist ver­schlos­sen. Anne­liz ist aus­ge­sperrt und hat kei­ne Ahnung, war­um. War­um darf der und der und der rein und sie nicht? Auf der Suche nach einer Erklä­rung beginnt für die Frau eine Ach­ter­bahn­fahrt aus Panik, Wut und Selbst­zwei­fel. Mit Anne­liz, einer spre­chen­den Tür und einem Chor, der auf eine Per­son zusam­men­ge­spart wur­de, erzählt Ingrid Lau­sund ein Dra­ma vom Drin­sein, Drau­ßen­sein, Dabeiseinwollen.«

Auf dem Papier scheint das The­ma also sehr eng vor­ge­ge­ben: Eine Frau Mit­te 50 wird in ihrem Beruf nicht mehr gebraucht und ver­zwei­felt dar­an. Aber Regis­seu­rin Annet­te Knuf und das Ensem­ble des Tafere­el-Thea­ters haben die­ses The­ma der­art offen insze­niert, dass auch Men­schen dar­in etwas für sich fin­den, die kei­ne Frau, nicht Mit­te 50 und nicht in ihrem Beruf aus­ge­boo­tet sind. Im Grun­de wird doch jeder irgend­wann irgend­wo nicht mehr gebraucht. Und so dürf­ten alle Zuschau­er die eine oder ande­re Situa­ti­on, viel­leicht auch eige­ne Ver­hal­tens­mus­ter wie­der­erkannt haben. Denn im Ver­lauf der fünf Akte lässt Anne­liz wirk­lich nichts unver­sucht, um wie­der dazuzugehören.

Stel­len­wei­se war es schon reich­lich bit­ter, ihr dabei zuzu­se­hen, wie sie an die Tür klopf­te, an ihr kratz­te, sie aus den Angeln heben, sie schmie­ren und becir­cen oder sie schlicht und ergrei­fend ein­tre­ten woll­te. Am Ende blie­ben alle Ver­su­che ergeb­nis­los und Anne­liz drau­ßen. Bei aller Bit­ter­keit ist es den Akteu­ren des Tafere­el-Thea­ters aber auch gelun­gen, das schwe­re The­ma leicht zu prä­sen­tie­ren. Leicht genug, um von Zeit zu Zeit für einen Lacher der Sor­te »Gott sei Dank pas­siert mir das gera­de nicht« zu sor­gen, der einem im nächs­ten Moment schon wie­der im Hal­se ste­cken blieb.

Ins­ge­samt hat mir »Tür auf, Tür zu« unheim­lich gut gefal­len. Die Schau­spie­ler und das Stück haben mich groß­ar­tig unter­hal­ten, mich zum Lachen, hef­tig Schlu­cken und Nach­den­ken gebracht, ohne dabei all­zu auf­dring­lich mit irgend­wel­chen Zei­ge­fin­gern her­um­zu­fuch­teln. Vie­len Dank für den schö­nen Sams­tag­abend in Müns­ter. Nächs­tes Jahr ger­ne wie­der – aus fami­liä­ren Grün­den, aber auch für die Kultur.

Falls jemand am kom­men­den Wochen­en­de im Müns­ter­land weilt und an einem der Aben­de nicht weiß, wohin mit sich. Wei­te­re Auf­füh­run­gen von »Tür auf, Tür zu« wer­den Frei­tag, Sams­tag und Sonn­tag im Krea­tiv-Haus in Müns­ter gege­ben. Alle dazu­ge­hö­ri­gen Infor­ma­tio­nen fin­den sich auf der Ver­an­stal­tungs­sei­te drü­ben bei Face­book. Und ein paar Bil­der auf der Face­book-Sei­te des Tafere­el-Thea­ters.

2 Kommentare zu “Tafereel-Theater: »Tür auf, Tür zu«”

  1. Hal­lo Christoph,
    alles, was Du ge- und beschrie­ben hast, kann ich nur unterstreichen.
    Zuerst war ich im Zwei­fel, ob es sich lohnt für eine ein­stün­di­ge Auf­füh­rung eine ins­ge­samt vier­stün­di­ge Auto­fahrt auf sich zu neh­men. Mein Fazit ist: Ja !!! Es war ein wun­der­schö­ner aber auch denk­wür­di­ger Abend in Münster.
    Das dies­jäh­ri­ge Thea­ter­stück des Tafere­el-Thea­ters war für mich das bes­te, das ich in 6 Jah­ren erle­ben durf­te, und es wirkt auch 4 Tage nach der Pre­miè­re noch immer in mir nach.

    Gruß Kat­ti

  2. Inter­es­san­ter Text. Nor­ma­ler­wei­se ste­he ich nicht so auf Thea­ter, aber in die­sem Fall hört sich das Gan­ze doch recht span­nend an. Müns­ter ist ja zusätz­lich auch eine net­te Stadt, was ger­ne ver­ges­sen wird;)

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