Nikola Tesla, so sagt die Geschichtsschreibung, war ein genialer Mann. 1856 in Smiljan, im heutigen Kroatien geboren, zog es den umtriebigen Physiker und Elektroingenieur nach absolviertem Studium und ersten Berufserfahrungen in Prag, Budapest und Paris 1884 in die USA, wo er – unterbrochen von kurzen Auslandsaufenthalten – bis zu seinem Tod im Januar 1943 blieb. Dort machte Tesla zahlreiche Erfindungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik, experimentierte mit Röntgenstrahlung, beschäftigte sich früh mit drahtlosen Übertragungsmöglichkeiten und brachte bis heute geläufige Technologien wie den Zweiphasenwechselstrom mit auf den Weg. Weil Außendarstellung und Vermarktung seines Wirkens bei ihm allerdings etwas kurz kamen, nagte Tesla fast seine gesamte Schaffenszeit über am Hungertuch. Teils wurde er zudem von Geschäftspartnern über den Tisch gezogen, so dass der geniale Mann letztlich einsam und verarmt in einem New Yorker Hotel starb, wo er die letzten Jahre auf Pump lebte. Anerkennung, auch posthumer Natur, fand Tesla fast ausschließlich in Europa, während er in dem Land, in dem er den Großteil seines Lebens verbrachte, beinahe in Vergessenheit geriet – beinahe.
Nikola Tesla, so sagt Matthew Inman, war im Grunde genommen der erste echte Geek unserer Zeitrechnung. Und seine Argumente klingen stichhaltig: Tesla war im hohen Maße technisch interessiert, leicht verschroben bis kauzig, in der sozialen Interaktion ungeübt und während seines gesamten Lebens ohne Partnerin – lässt man die weiße Taube außen vor, mit der Nikola Tesla nach eigenen Angaben eine Zeit lang ein regelrecht freundschaftliches Verhältnis pflegte. Als Inman vor kurzem erfuhr, dass »Wardenclyffe«, die Ruine von Teslas Labor nebst zugehörigem Gelände an der Ostküste der USA, zum Verkauf steht, sah er die Gelegenheit gekommen, dem in seiner Wahlheimat verkannten Genie die ihm zustehende Ehre zu erweisen. Warum nicht das Ganze in ein Museum verwandeln?
Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass gerade im Internet Aktive ein Herz für Geeks haben müssten (oder eben selbst dieser Gattung angehören), entschloss sich Matthew Inman, das zum Kauf nötige Geld per Online-Crowdfunding zu sammeln. Über genügend Reichweite für einen entsprechenden Spendenaufruf verfügt der US-amerikanische Illustrator und Blogger dank seiner populären Webseite »The Oatmeal«. Dass er dort tatsächlich das richtige Publikum anspricht, zeigt der Umstand, dass es bereits wenige Sekunden nach dem Start der Sammlung Mitte August Spenden hagelte: 100.000 Dollar kamen alleine in den ersten dreieinhalb Stunden zusammen. Innerhalb von gerade einmal sechs Tagen war das ursprünglich anvisierte Ziel von 850.000 Dollar schon übertroffen. Auch der Staat New York schoss kräftig zu und rundete bis zur Kaufsumme von 1,7 Millionen Dollar auf. Schon jetzt steht also fest, dass die Idee von einem Tesla-Museum tatsächlich ihre Umsetzung finden wird. Derweil ist die Spendensammlung noch nicht beendet. Jede weitere Zahlung, die bis Ende September auf dem Konto eingeht, fließt unmittelbar in die Sanierung von »Wardenclyffe« und den Aufbau des Museums. (Bild veröffentlicht unter cc by-nd 2.0)
Mit dessen Eröffnung in noch nicht absehbarer Zukunft wird das Gebäude mit dem markanten Turm dann auch erstmals richtig in Betrieb genommen werden. Tesla selbst ist nie über die Bauphase zu Beginn des 20. Jahrhunderts hinausgekommen. Während er das Labor mit dem ambitionierten Plan errichten ließ, die gesamte Erdbevölkerung von dort kabellos mit Strom zu versorgen, ging sein Geldgeber davon aus, hier entstehe ein Hochleistungsfunksender, mit dem er schneller an Börsennachrichten aus Europa kommen könne. Mit der Aufklärung dieses doch erheblichen Missverständnisses war das Projekt mangels Geldgeber schnell hinfällig geworden. Zwischenzeitlich noch als Fabrikstandort genutzt, gammeln Gebäude und Gelände seit etwa drei Jahrzehnten vor sich hin. Bis dem genialen Ur-Geek dort demnächst ein Denkmal gesetzt werden wird. Weil er bei vielen seiner ideellen Nachfahren eben doch nicht in Vergessenheit geraten ist.
Eine gekürzte Fassung dieses Artikels findet sich in der aktuellen Ausgabe von »klenkes neo«, die vor einigen Tagen erschienen ist.
Nachtrag, 30.9.:
Der September ist rum, das Tesla-Crowdfunding somit abgeschlossen. Am Ende sind sagenhafte 1.370.511 Dollar zusammengekommen. Für den Start der Museumsprojektes ist also ausreichend gesorgt.
Erster echter Geek unserer Zeitrechnung passt ganz gut.
Zumindest hat er sich intensiv mit Dingen beschäftigt, die heute noch begeistern.
Ich erstelle zur Zeit eine kleine Artikelserie zu Tesla und den beindruckenden Teslaspulen:
http://et-tutorials.de/6343/tesla/
Das passt ja hervorragend. Ich bin sehr auf die Simulation gespannt. Und bis dahin schon einmal Danke für die bisherigen Teile der Serie – auch für mich als Laien sehr nachvollziehbar.
Die Simulation ist jetzt online:
http://et-tutorials.de/6411/simulation-einer-teslaspule-in-pspice/