Das war schon eine gute Idee, die sechs US-amerikanische Plattenladenbesitzer im Jahr 2007 hatten: Fortan sollte es einen Tag im Jahr geben, der der Unterstützung von unabhängigen Plattenläden gewidmet ist. Seitdem heißt der dritte Samstag im April »Record Store Day«. Und Labels hauen an diesem Tag traditionell Sonderveröffentlichungen auf Vinyl raus.
Recht bald schwappte der Feiertag auch über den großen Teich. Bei den ersten Auflagen hierzulande konnte man als Vinylenthusiast schon ins Schnappatmen geraten. Echte Leckerchen, die zuvor nicht das Licht des Musikmarktes gesehen hatten, standen da plötzlich in der Auslage. Vor allem Independent Labels kamen mit Platten um die Ecke, von denen man nicht einmal ahnte, wie sehr man sie lieben würde.
Belanglos, überteuert, »limitiert«
Irgendwann kamen auch die großen Plattenfirmen auf den Trichter, dass sich mit dem berillten schwarzen Gold ordentlich Reibach machen lässt. Mittlerweile wird der Markt zum »Record Store Day« mit Veröffentlichungen geflutet, die entweder belanglose Wiederauflagen oder überteuert, meist sogar beides sind. Begründet werden die Apothekenpreise mit einer limitierten Stückzahl. Dabei hat es in der jüngeren Vergangenheit etliche Fälle gegeben, bei denen Platten ein paar Wochen später nachgepresst wurden. Limitierung im Arsch, Kohle trotzdem weg – schlimmstenfalls bei E‑Bay, dann sogar noch teurer.
Und weil es Vinylpresswerke nicht wie Sand am Meer gibt, leiden gerade die Independent Labels unter dem Tag, die ihn einst mit groß gemacht haben. Die Majors werden bei der Produktion der Veröffentlichungen bevorzugt behandelt, was bei den Kleinen einen Platz in der Warteschlange und Verschiebungen zur Folge hat.
Die einstmals gute Idee wurde irgendwo unterwegs also konterkariert. Vielleicht sollte man es mit dem »Record Store Day« darum halten wie mit dem Muttertag: Das eigentliche Datum ignorieren und stattdessen zu jeder anderen Gelegenheit während des Jahres begehen. Heißt: Mama immer lieb haben und den unabhängigen Plattenladen am Ort genauso oft unterstützen.
In der April-Schnüss durften Kollegin Gitta und ich uns über jeweils einen der reichlich vorhandenen Spezialtage auslassen. Gitta nahm sich des Welt-Pinguin-Tages am 25. April an, während ich mir einen Tag vornahm, den ich vor noch gar nicht allzu langer Zeit noch ziemlich begeistert mitgefeiert habe.