Performancekunst: Dekonstruktion und Zusammenführung

Löhrzeichen

Mit einer mehr­stün­di­gen Mam­mut-Per­for­mance betei­ligt sich die Künst­le­rin Wal­pur­ga Pau­els an der dies­jäh­ri­gen »Lan­gen Nacht der Muse­en«. Als Kulis­se für ihre Dar­bie­tung die­nen die Gale­rie S., das Cou­ven Muse­um, das Lud­wig Forum und immer wie­der auch der städ­ti­sche Raum dazwischen.

Nein, ein spe­zi­el­les Fit­ness-Pro­gramm hat Wal­pur­ga Pau­els nicht absol­viert, um sich auf ihre Per­for­mance »Cutis Chry­sa­lis« vor­zu­be­rei­ten. Dabei hat sich die gebür­ti­ge Aache­ne­rin und heu­ti­ge Wahl­ber­li­ne­rin für die »Lan­ge Nacht der Muse­en« eini­ges vor­ge­nom­men. Ins­ge­samt sechs­mal wird sie den Weg von der Gale­rie S. zum Lud­wig Forum absol­vie­ren, um jeweils eine, eigens für die­sen Zweck kre­ierte, lebens­gro­ße Men­schen­fi­gur vom einen an den ande­ren Ort zu trans­por­tie­ren. Eine vor­sich­ti­ge Schät­zung ergibt eine Weg­stre­cke von gut 15 Kilo­me­tern. »Via dolo­ro­sa«, Lei­dens­weg, nennt Pau­els die­sen wahr­schein­lich anstren­gends­ten Part ihrer Dar­bie­tung kon­se­quen­ter­wei­se. Kunst darf manch­mal eben auch weh­tun. Immer­hin hat sie bereits im Vor­feld von der Idee Abstand genom­men, den kom­plet­ten Weg auf ihren Knien zurück­zu­le­gen. Der Lei­dens­weg ist der zwei­te von vier Tei­len, aus denen »Cutis Chry­sa­lis« ins­ge­samt besteht.

Mal Huckepack, mal per Schubkarre oder ÖPNV

Ihren Anfang fin­det die Per­for­mance in der Gale­rie S. am Hof. Dort wer­den die sechs Figu­ren – Kokon­an­mu­tun­gen aus Baum­woll­fä­den und Leim – in einer Krip­pen­kon­stel­la­ti­on ste­hen. Vater, Mut­ter, vier Kin­der: die »Hei­li­ge Fami­lie«. »Hei­lig nicht nur im kirch­li­chen Sin­ne«, sagt Wal­pur­ga Pau­els. »Es geht auch um das Hei­le, das Intak­te.« Und aus die­ser Intakt­heit wird sie das Sex­tett mit und mit lösen. Ab 18:00 wird sie mit der Dekon­struk­ti­on der hei­len Fami­lie begin­nen. Mal Hucke­pack, mal per Schub­kar­re oder ÖPNV wird ein Mit­glied nach dem ande­ren ins Lud­wig Forum gebracht und dort geparkt werden.

Unter­wegs wer­den ver­schie­de­ne Sta­tio­nen ange­lau­fen, um ein Erin­ne­rungs­fo­to zu schie­ßen. Der Vater, ali­as »Künig Lepus«, etwa im Rot­licht­be­reich der Anto­ni­us­stra­ße, die Mut­ter Eva an einer Not­fall­apo­the­ke, eines der Kin­der in einem Restau­rant. »Ich wer­de die ein­zel­nen Figu­ren in mei­ner Rol­le als wei­ße Braut ins Leben hin­ein­füh­ren«, erklärt die Künst­le­rin. Sie ist gespannt dar­auf, wie das Leben in Form der unvor­be­rei­te­ten Pas­san­ten auf sie und ihre Figu­ren reagie­ren wird.

Sechs Monate Vorbereitung

Etwa ein hal­bes Jahr hat die Vor­be­rei­tung von »Cutis Chry­sa­lis« gedau­ert. Jede Figur hat in ihrer Ent­ste­hung etwa einen Monat bean­sprucht. Für deren Hin­ein­füh­ren ins Leben ver­an­schlagt Wal­pur­ga Pau­els jeweils eine Stun­de. Zuletzt wird »Amor Amok« am Lud­wig Forum geparkt wer­den, ein Baby mit Flin­te. Mit des­sen Ankunft gegen Mit­ter­nacht endet der Lei­dens­weg und die drit­te Pha­se der Per­for­mance beginnt: der »Run«. Bei die­sem wird Pau­els die Fami­lie wie­der­ver­ei­ni­gen, sie nach­ein­an­der von ihren zwi­schen­zeit­li­chen Stand­or­ten holen und zu einer Fami­li­en­auf­stel­lung zusam­men­füh­ren. Oder bes­ser: zu einer Familienaufhängung.

Denn mit­tels Haken wer­den die Figu­ren in einen Schwe­be­zu­stand ver­setzt. Ziem­lich genau 4 Minu­ten und 46 Sekun­den wird die­ser Vor­gang dau­ern. Das ist die Dau­er des Musik­stücks, das Pau­els wäh­rend­des­sen über Kopf­hö­rer hören wird. Inter­es­sier­te Besu­cher im Besitz eines Smart­phones erhal­ten einen Link, unter dem sie an der Musik teil­ha­ben können.

»Durch das Erleb­te wer­den die Figu­ren eine Meta­mor­pho­se erfahren.«

Wal­pur­ga Pau­els: »Durch das Erleb­te wer­den die Figu­ren eine Meta­mor­pho­se, eine aura­ti­sche Ver­än­de­rung erfah­ren.« Und die­se soll abschlie­ßend auch in einem Bild fest­ge­hal­ten wer­den, im »Hoch­zeits­fo­to«, dem vier­ten Teil der Per­for­mance, auf dem die Figu­ren, ihre wei­ße Braut und die Besu­cher zu sehen sein wer­den. »Das Gesamt­bild kann dabei viel­leicht auch ein erschöpf­tes sein.« In Anbe­tracht der Län­ge und Inten­si­tät von »Cutis Chry­sa­lis« ist gera­de das durch­aus denkbar.

Die Ver­an­stal­tung: Wal­pur­ga Pau­els »Cutis Chry­sa­lis« – 8. Juni 2013, ver­schie­de­ne Orte und Uhrzeiten

Wie das Inter­view mit Reno Schnell ent­stand auch die­ser Vor­be­richt für den »Klen­kes«.

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