Fußball-Diskussionskultur: Vor die Hunde

Mannschaftsbild mit Gardine

Gilt das eigent­lich auch heut­zu­ta­ge noch, dass man hin­ter­her immer schlau­er ist? Bit­te gar nicht erst los­über­le­gen, es han­delt sich um eine rhe­to­ri­sche Fra­ge. Natür­lich ist auch an mir nicht die Erkennt­nis vor­bei­ge­lau­fen, dass Mensch in unse­rer Zeit schon vor­her schlau­er ist – weit vor­her. Erst neu­lich war die­ses Schau­spiel wie­der mil­lio­nen­fach zu beob­ach­ten: Kaum hat­te Bun­des-Jogi sein vor­läu­fi­ges Auf­ge­bot für die kom­men­de Euro­pa­meis­ter­schaft benannt, brach der Sturm auch schon los.

Der »ahnungs­lo­se Bade­ner« hat­te ein­mal mehr die fal­schen Leu­te auf sei­nen Zet­tel geschrie­ben und die wirk­lich wah­ren Heils­brin­ger des deut­schen Fuß­balls ein­fach nicht berück­sich­tigt. So wird das nix mit dem Titel. Über­haupt nix. Garan­tiert. Es kann ja nicht immer so glück­lich lau­fen wie vor zwei Jah­ren, als Deutsch­land trotz und nicht wegen des »Pull­over-über-die-Schul­ter-Trä­gers« Welt­meis­ter wur­de. So der Tenor der Couch Coa­ches – vier Wochen vor Tur­nier­be­ginn. Noch kein Ball rollt, aber Schland ist schon sicher aus­ge­schie­den. Leu­te, bitte.

Fuß­ball ist frag­los zum Dis­ku­tie­ren da. Wie sonst soll­te man die Zeit zwi­schen den Spie­len tot­schla­gen? Aber irgend­wie hat sich der Ton sol­cher Dis­kus­sio­nen ver­än­dert. Wenn es denn über­haupt zur Dis­kus­si­on kommt. Meist wird jeder Mei­nungs­aus­tausch von vorn­her­ein in Groß­buch­sta­ben abge­würgt. Statt »Ich hät­te eher Schmel­zer nomi­niert.« heißt es »SCHMELZER!!!!1!«, statt »Ob sich Podol­ski noch ein­mal wird durch­set­zen kön­nen?« lau­tet die Fra­ge: »Was soll das Mas­kott­chen Lulu­lu­kas denn da???« Haupt­sa­che, man ist das mal los­ge­wor­den, ver­damm­te Scheiße!

Ganz im Ernst: Die­se Simu­la­ti­on von All­wis­sen­heit ohne jede Grund­la­ge, dafür aber mit aggres­si­vem Hin­ter­grund­rau­schen nervt kolos­sal. Natür­lich müs­sen wir alle gera­de um ein gro­ßes Tur­nier her­um über Fuß­ball reden. Aber eben über Fuß­ball. Und irgend­wie mit­ein­an­der. Und mit dem Hauch einer Chan­ce auf Spaß. Sonst kön­nen das all die Social-Media-Bun­des­trai­ner auch ein­fach wie­der ihrem Hund vom Sofa run­ter erzäh­len. Dem war das total egal, ob man hin­ter­her schlau­er war. Oder vor­her. Oder gar nicht.

Für die Juni-Aus­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss« haben Kol­le­gin Git­ta und ich unse­re Mei­nun­gen zu den Mil­lio­nen Bun­des­trai­nern auf ihren Sofas abge­gli­chen. Bei ihr kamen die Alles­vor­her­wis­ser deut­lich bes­ser weg.

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