Floatiz: Durchstarten im Genrespagat

Floatiz (Foto: Ben Horn)
Foto: Ben Horn

Sie dre­hen für ihren Post-Hip-Hop etli­che Musik­rich­tun­gen durch den Wolf, erzäh­len in einem Atem­zug von den Simpsons und Han­sa Ros­tock und sind live eine Enter­tain­ment-Wucht. Ein Besuch im Beue­ler Pro­be­raum von Floatiz.

Genau 19 Stu­fen sind es vom Erd­ge­schoss bis in die Welt von Floa­tiz. Am Ende einer Trep­pe im Beue­ler Gewer­be­ge­biet wird es min­des­tens ein­mal pro Woche wuse­lig – dann näm­lich, wenn sich die Band trifft, um Orga­ni­sa­to­ri­sches zu bespre­chen oder zu pro­ben. Bis zu acht Leu­te tum­meln sich dann in den gemüt­lich ein­ge­rich­te­ten Räu­men. Und zwi­schen Dis­kus­si­on über eine Song­struk­tur und Pla­nung künf­ti­ger Kon­zer­te suchen und fin­den die Mit­glie­der immer wie­der die Gele­gen­heit zur Auf­lo­cke­rung. Kurz schwen­ken sie scher­zend aus, flach­sen und frot­zeln, um im nächs­ten Moment wie­der völ­lig seri­ös bei der Sache zu sein.

Wie bei sei­ner Musik zeigt sich das Kol­lek­tiv Floa­tiz auch beim Abschwei­fen maxi­mal beweg­lich. Da führt eine Asso­zia­ti­ons­ket­te mal eben vom Eis­pla­ne­ten Hoth über die Simpsons bis zu Han­sa Ros­tock. Wer als Außen­ste­hen­der in den Genuss kommt, einen sol­chen Abend auf den Sofas des Pro­be­raums mit­zu­er­le­ben, tut gut dar­an, vor­her das Gehirn mit dem schnel­len Arbeits­spei­cher einzupacken.

Einmal quer durch die Popkultur

Gera­de­zu spie­le­risch schaf­fen Floa­tiz den Spa­gat zwi­schen Spaß und Ernst, zwi­schen freund­schaft­li­chem und pro­fes­sio­nel­lem Mit­ein­an­der. Es ist erstaun­lich, wie wenig die gemein­sa­me krea­ti­ve Arbeit über­haupt nach Arbeit aus­sieht. Offen­bar braucht es die Leich­tig­keit auf der einen Sei­te, um die Her­aus­for­de­run­gen auf der ande­ren zu meis­tern, die der Anspruch der Band an sich selbst mit­bringt. Denn Floa­tiz ist mit­nich­ten das Spaß-Pro­jekt eini­ger semi-talen­tier­ter Hob­by­mu­si­ker. Viel­mehr ver­ei­nen sich unter die­sem Namen sie­ben Leu­te, die ihre Instru­men­te per­fekt beherr­schen und ein gemein­sa­mes Ziel ver­fol­gen: Sie wol­len nach oben – nicht nur ein­mal pro Woche 19 Stu­fen in Beu­el, son­dern eines schö­nen Tages im Musik-Business.

Dass unge­fähr jede ande­re Band mehr oder min­der den­sel­ben Wunsch hegt, ist ihnen durch­aus bewusst. Am Ende haben sie aber einem Groß­teil der »Kon­kur­renz« min­des­tens eines vor­aus: Erfah­rung. Und das, obwohl Floa­tiz erst vor rund andert­halb Jah­ren gegrün­det wur­de. Die meis­ten Mit­glie­der die­ser ver­gleichs­wei­se fri­schen For­ma­ti­on waren mit ande­ren Bands schon ein­mal dort oben, haben gro­ße Fes­ti­vals und Kon­zer­te vor aus­ver­kauf­ten Hal­len gespielt, haben über vie­le Jah­re von ihrer Musik tat­säch­lich leben kön­nen. Das Wis­sen, das dabei jeder für sich gesam­melt hat, wer­fen sie in der Gegen­wart in eine gemein­sa­me Waagschale.

»Irgend­wann haben wir uns ent­schie­den, noch ein­mal zu star­ten und zusam­men etwas völ­lig Neu­es zu pro­bie­ren«, erzählt Rap­per Bri­an. »Wir stam­men alle aus sehr unter­schied­li­chen Gen­res und haben uns daher erst gar kei­ne Schub­la­de aus­ge­sucht, in die wir pas­sen könn­ten.« Und so pflügt sich die Musik von Floa­tiz durch alle erdenk­li­chen Musik­rich­tun­gen. Wie bei ihren Asso­zia­ti­ons­ket­ten im Pro­be­raum jagt die Band ein­mal quer durch die Pop­kul­tur. Da ist der Druck vom Metal und der »Beweg Dei­nen Hintern«-Bass vom Funk, da sind die Gitar­ren aus der Indie-Dis­co und die Beats vom Dub-Step, die alle gemein­sam die pop­pi­gen Melo­dien untermalen.

Mitreißende Live-Shows

Post-Hip-Hop nen­nen Floa­tiz ihre rasan­te Mix­tur, die trotz all ihrer ver­schie­de­nen Ein­flüs­se so ganz und gar nicht belie­big wirkt. Jeder Sound, jedes Riff, jedes Schlag­zeug-Break hat hier sei­ne ganz natür­li­che Umge­bung gefun­den. Und auch dabei fin­det sich eine Par­al­le­le zu den Aben­den im Pro­be­raum. Wie dort jeder den ande­ren aus­spre­chen lässt und genau zuhört, erhal­ten alle auch in der Musik den Raum und die Frei­heit, sich kom­plett ein­zu­brin­gen. Alle sind wich­tig: Auf die­ser Ein­stel­lung fußt das leben­di­ge Mit­ein­an­der eben­so, wie die kom­plett Gen­re über­grei­fen­de, gemein­sa­me Musik.

Foto: Ben Horn
Foto: Ben Horn

Als i‑Tüpfelchen auf die wil­de musi­ka­li­sche Mischung legt sich Bri­an mit den zuge­hö­ri­gen Tex­ten auf kei­ne Spra­che fest: »Man­che Din­ge kann man auf Deutsch ein­fach nicht erzäh­len. Dann schrei­be ich den Text eben auf Eng­lisch.« Mit Vor­lie­be ver­fasst er posi­ti­ve Bot­schaf­ten zu The­men, die der gesam­ten Band wich­tig sind. »Wir erzäh­len Bri­an stän­dig, was uns beschäf­tigt«, berich­tet Bas­sis­tin Nury. »Er fun­giert dann qua­si als unser aller Sprach­rohr.« Dass die All­tags­be­ob­ach­tun­gen des Sprach­rohrs in bei­den Spra­chen zie­hen, zei­gen die bei­den bis­her ver­öf­fent­lich­ten EPs. »Alpha« beinhal­tet sechs eng­li­sche Songs, »Ome­ga« eben­so vie­le deut­sche. Die­se bei­den Ton­trä­ger schon im Regal, arbei­ten Floa­tiz aktu­ell an der Fer­tig­stel­lung ihres Debüt-Albums. Einen genau­en Ver­öf­fent­li­chungs­ter­min gibt es für die Plat­te noch nicht. Die Band setzt sich nicht unter Druck. Schließ­lich gibt es neben der Pro­ben- und Stu­dio­ar­beit noch eini­ge ande­re Din­ge zu tun: ein zwei­tes Musik­vi­deo zu dre­hen, zum Bei­spiel. (Das ers­te Video fin­det sich hin­ter die­sem Link.) Oder Kon­zer­te zu spielen.

Jedes ein­zel­ne Mit­glied kann man getrost mit dem Prä­di­kat »Ram­pen­sau« ver­se­hen, was Floa­tiz-Shows zu unheim­lich mit­rei­ßen­den Erleb­nis­sen macht. Egal ob Open Air oder im Club: Die Band bringt jedes Publi­kum zum Groo­ven und Bro­deln. Das liegt an der kna­cki­gen Umset­zung der Songs, aber auch am Auf­tre­ten der Band in ihren ein­heit­li­chen Büh­nen-Out­fits. »Wir sind nicht dazu gemacht, auf der Büh­ne ein­fach nur unse­ren Stie­fel run­ter­zu­spie­len«, sagt Gitar­rist Rai­ner. »Statt­des­sen wol­len wir den Leu­ten soviel Enter­tain­ment wie mög­lich bie­ten.« Bei den bis­he­ri­gen Auf­trit­ten ist die­ses Vor­ha­ben kom­plett auf­ge­gan­gen. Für das Jahr 2016 füllt sich der Band-Kalen­der all­mäh­lich. Ers­te Shows sind gebucht. Im Som­mer ste­hen Fes­ti­val-Auf­trit­te an. Und mit jedem Kon­zert wach­sen Fan­ba­sis und Bekannt­heits­grad, wird der nächs­te Schritt nach oben gemacht.

Die­ser Arti­kel erschien ursprüng­lich in der Janu­ar­aus­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss«. Die bei­den Fotos von Ben Horn wur­den mir von der Band als Pres­se­ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung gestellt.

Floa­tiz spie­len ihr nächs­tes Kon­zert am 15. Janu­ar in Bonn in der ehe­ma­li­gen »Bar Lud­wig«, die seit dem Jah­res­wech­sel »VanB« heißt.

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