Drawing Circles: Runde Sache

Drawing Circles (Foto: Robert Winter)
Foto: Robert Winter

Fünf­ter Band­ge­burts­tag, ers­tes Album und dann auch noch für einen Preis nomi­niert: Das Jahr 2016 hat es in sich für das Bon­ner Trio Dra­wing Circles.

»Herz­li­chen Glück­wunsch, Herr Lesch.« Freund­lich lächelnd streckt der Mann sei­ne Hand aus. »Hier ist Ihr Füh­rer­schein.« Man­che Bands ler­nen sich bei Kon­zer­ten ken­nen, ande­re beim Jam­men in irgend­ei­nem Pro­be­raum. Wie­der ande­re wer­den gecas­tet. Und dann gibt es noch die, die sich über einen Zet­tel am Schwar­zen Brett der Uni fin­den. Oder im Nett-Werk. Ver­gleichs­wei­se unge­wöhn­lich ist dage­gen die Geschich­te der Dra­wing Cir­cles aus Bonn. Sie beginnt im hie­si­gen Stra­ßen­ver­kehrs­amt in dem Moment, in dem Gitar­rist Sebas­ti­an sein Füh­rer­schein in die Hand gedrückt wird. Im August jähr­te sich die­ses Ereig­nis zum fünf­ten Mal.

»Vin­cent und ich hat­ten uns eini­ge Zeit vor­her ken­nen­ge­lernt«, erzählt er. »Wir mach­ten bei­de Musik, woll­ten mal zusam­men ein paar Sachen aus­pro­bie­ren, wohn­ten aber eine gute Stun­de von­ein­an­der ent­fernt und waren erst 17.« Die zu gro­ße Ent­fer­nung war nur ein Pro­blem auf Zeit. Kaum 18 und im Besitz einer Fahr­erlaub­nis, setz­te sich Sebas­ti­an Lesch ins Auto, um sich auf den Weg zu Sän­ger Vin­cent Alex zu machen. Und gleich bei der ers­ten gemein­sa­men Pro­be schraub­ten die bei­den zwei Songs zusam­men. »Der Fun­ke ist sofort über­ge­sprun­gen«, erin­nert sich Vin­cent. »Rela­tiv bald hat­ten wir sogar schon genug Mate­ri­al für unse­re ers­te EP zusam­men.« »Tales Of An Arso­nist« erschien im Jahr 2012.

»Was wir machen, gibt selbst vor, wo es hinwill.«

Auch fünf Jah­re nach der ers­ten gemein­sa­men Pro­be glimmt die­ser damals spon­tan über­ge­sprun­ge­ne Fun­ke noch. Durch den Bas­sis­ten und Gitar­ris­ten Aaron Ski­ba vor mitt­ler­wei­le zwei Jah­ren zum Trio ange­wach­sen, sind die Dra­wing Cir­cles nie um eine fri­sche musi­ka­li­sche Idee ver­le­gen. Was bei ihnen Zeit in Anspruch nimmt, ist die Aus­ar­bei­tung die­ser Idee, das Fin­den des rich­ti­gen Arran­ge­ments. An der Musik irgend­wel­cher Vor­bil­der han­gelt sich das Trio dabei nicht ent­lang. Viel­mehr ent­wi­ckelt es sei­ne ganz eige­ne Klang­land­schaft. »Was wir machen, gibt selbst vor, wo es hin­will«, bringt es Sebas­ti­an Lesch auf den Punkt.

Andert­halb Jah­re hat die Pro­duk­ti­on ihres Debüt-Albums »Sinis­ter Shores« [Part­ner­link] gedau­ert, das Mit­te März erschie­nen ist. Erst wenn sich ein Lied für jedes Band­mit­glied per­fekt anfühlt und ‑hört, wird es auf die Mensch­heit los­ge­las­sen. Die­ser Per­fek­tio­nis­mus macht sich bezahlt: »Sinis­ter Shores« besticht durch sei­nen eigen­stän­di­gen Sound, sei­ne kom­po­si­to­ri­sche Geschlos­sen­heit und durch sei­nen Druck, obwohl die Band ohne jeg­li­ches Schlag­in­stru­ment operiert.

Schnüss, August 2016, Seite 28

Vin­cent Alex: »Wir haben zwi­schen­zeit­lich mit einem Per­cus­sio­nis­ten zusam­men­ge­ar­bei­tet, nach des­sen Aus­stieg aber erkannt, dass das nicht der Weg ist, den wir wei­ter­hin ein­schla­gen wol­len.« Seit­her loten er und sei­ne Mit­mu­si­ker die Mög­lich­kei­ten schlag­zeug­lo­ser Musik aus. Klang­lich chan­giert das Gan­ze zwi­schen Dre­am­pop-Gitar­ren und Post­rock-Flir­ren, zwi­schen Delay-umne­bel­tem Schmei­cheln und rasen­den Aus­brü­chen. Über die­sen Tep­pich hin­weg flüs­tert, singt und schreit sich Vin­cent Alex sei­ne Tex­te von der See­le – per­sön­li­che, nach­denk­li­che, bis­wei­len auch zor­ni­ge Tex­te, die der Musik zusätz­li­che Tie­fe verleihen.

Und obwohl die drei Band­mit­glie­der inzwi­schen in Fahr­rad­di­stanz von­ein­an­der woh­nen, macht sich der zur Grün­dung der Band gehö­ren­de Füh­rer­schein nach wie vor bezahlt. Im April und Mai sind Dra­wing Cir­cles mit dem ers­ten Album im Kof­fer­raum aus­gie­big durch Deutsch­land, Öster­reich und die Schweiz getourt. Die nächs­te gemein­sa­me Fahrt ist auch schon geplant. Das Trio hat es in der Spar­te »Bes­ter New­co­mer« auf die Short­list der »VIA VUT Indie Awards« geschafft. »Eine Rie­sen­eh­re und tol­le Wert­schät­zung«, sehen die Band­mit­glie­der in die­ser Nomi­nie­rung. Die Preis­ver­lei­hung fin­det im Rah­men des Ree­per­bahn­fes­ti­vals Ende Sep­tem­ber in Ham­burg statt. Even­tu­ell wird dann wie­der ein freund­lich lächeln­der Herr sei­nen Arm aus­stre­cken und sagen: »Herz­li­chen Glück­wunsch, Herr Lesch.«

Ursprüng­lich erschien die­ser Arti­kel in der August-Aus­ga­be des Bon­ner Stadt­ma­ga­zins »Schnüss«. Das Foto wur­de mir von der Band als Pres­se­ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung gestellt.

Der im Text mit [Part­ner­link] mar­kier­te Ver­weis wur­de von mir im Rah­men mei­ner Teil­nah­me am Part­ner­pro­gramm der Ama­zon EU S.à r.l. gesetzt. Wei­te­re Hin­wei­se dazu fin­den sich im Impres­sum die­ser Seite.

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