Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen: Fünf Asse rütteln am Käfig

Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen (Foto: Martin Morris)
Foto: Martin Morris

Bes­ser jetzt schon mal notie­ren, Volk von Müns­ter und Umge­bung: Die Liga der gewöhn­li­chen Gen­tle­men spielt am 1. Okto­ber im Gleis 22.

Zuge­ge­ben, es sind noch ein paar Tage bis Deutsch­lands souligs­te Ham­burg-Ber­lin-Con­nec­tion ihren Weg nach Müns­ter fin­det. Aber mit Vor­freu­de kann man ja nicht früh genug anfan­gen. Und Vor­freu­de ist genau das, was alle Anhän­ger fröh­lich-tanz­ba­rer Melo­dien und klas­sen­be­wusst-schnodd­ri­ger Tex­te von genau jetzt an erfül­len soll­te. Schließ­lich ver­eint Die Liga der gewöhn­li­chen Gen­tle­men exakt die­se bei­den Zuta­ten in ihrer Musik. Auf Plat­te funk­tio­niert die­se Kom­bi­na­ti­on schon groß­ar­tig. Live ist das im Grun­de unschlag­bar – min­des­tens aber unver­gleich­lich gut. Was ist das Geheim­nis ihres Erfolges?

In ers­ter Linie liegt die Sexy­ness der Liga natür­lich an ihrer Musik, einer hoch­ex­plo­si­ven Mischung aus Gara­ge, Suns­hi­ne Pop, einem Hauch Punk und jeder Men­ge Nor­t­hern Soul. Seit ihm in seli­gen Teen­ager­ta­gen jemand eine Motown-Kas­set­te zusteck­te, ist Sän­ger Cars­ten Fried­richs die­ser Musik ver­fal­len: »Die Bands, die Sän­ger, die Arran­ge­ments, die Tex­te: Alles am Nor­t­hern Soul hebt die Stim­mung. Und er bringt dich zum Tan­zen. Eine bes­se­re Musik wur­de bis­her nicht erfun­den.« So schnap­pen sich die Gen­tle­men das Bes­te von Motown, Stax und Co und bau­en seit der Band­grün­dung vor mitt­ler­wei­le vier Jah­ren ihren ganz eige­nen, super­kna­cki­gen Sound um die Stim­mungs­he­ber herum.

Drei Alben haben sie bis­her auf­ge­nom­men und ihre Spiel­art des Nor­t­hern Soul dabei kon­ti­nu­ier­lich ver­fei­nert. Der Bass groovt, das Schlag­zeug treibt, die Gitar­re stampft und im Ver­gleich zur »Vor­gän­ger­band« Super­punk – 40 Pro­zent der Gen­tle­men waren Super­pun­ker – gerät der Sound dank ein­köp­fi­ger Blä­ser­sek­ti­on den­noch etwas weni­ger rot­zig. Das Gan­ze ist maxi­mal schweiß­trei­bend, weil sich unge­fähr nichts am mensch­li­chen Kör­per die­ser Auf­for­de­rung zum Tanz ent­zie­hen kann. Alles wippt und schnippt, wenn die Liga auf die Büh­ne tritt.

Ultimo 14-16, Seite 18

Dass alle Welt auf ihren Kon­zer­ten außer­dem so ger­ne mit­singt, liegt aber nicht nur an der Ein­gän­gig­keit der Melo­dien und ihrem ver­dammt hohen Ohr­wurm­po­ten­zi­al. Da ist näm­lich noch ihr zwei­tes Allein­stel­lungs­merk­mal: die Tex­te. Es sind Geschich­ten aus dem Leben, die Cars­ten Fried­richs erzählt – oft­mals Geschich­ten aus sei­nem Leben. Denn wenn er »Ich« singt, meint er tat­säch­lich »Ich«. »Ich wür­de ja total ger­ne erfun­de­ne Geschich­ten erzäh­len, bin dafür aber viel zu fan­ta­sie­los«, sagt er sel­ber. »Also erzäh­le ich von mir.«

Und dar­um weiß der auf­merk­sa­me Zuhö­rer mitt­ler­wei­le, dass Fried­richs ger­ne allei­ne auf Par­tys rum­steht, sich in letz­ter Zeit gehen lässt, aber den­noch gut genug für Dich ist. Wenn er nicht Innen­an­sich­ten aufs Selbst­iro­nischs­te nach außen kehrt, erzählt Fried­richs von tra­gi­schen Hel­den, von Zech­prel­le­rei, von der Schön­heit des Ama­teur­fuß­balls oder einem ver­ach­tens­wer­ten Fetisch namens Arbeits­mo­ral. Sein Hang zu absei­ti­gen The­men ist eben­so bemer­kens­wert wie sein zwi­schen den Zei­len hin­durch­trop­fen­des, umfas­sen­des pop­kul­tu­rel­les Wis­sen und sei­ne offen­sicht­li­che Wei­ge­rung, die ansons­ten übli­chen Text­bau­stei­ne zu ver­wen­den. Das ist ein schma­ler Grat, den Fried­richs jedoch mit Bra­vour reitet.

Live ist er zudem immer ger­ne bereit, nicht ganz kla­re Text­stel­len (»Ein Mann isst alle Wür­mer auf.«) mit den Leu­ten vor der Büh­ne zu dis­ku­tie­ren. Wie über­haupt die Zwie­spra­che mit dem Publi­kum zum 360-Grad-Erleb­nis eines Gen­tle­men-Kon­zerts gehört. Band, Sän­ger, Arran­ge­ments, Tex­te: Alles hebt die Stim­mung. Wenn es dem­nächst »5 Asse rüt­teln am Käfig« heißt, soll­te das jeder selbst her­aus­fin­den wol­len. Nur noch den Som­mer über­ste­hen, dann ist die Liga in der Stadt. Vor­freu­de jetzt!

Eine leicht gekürz­te Fas­sung die­ses Arti­kels erschien in Aus­ga­be 14/​16 des Müns­te­ra­ner Stadt­ma­ga­zins »Ulti­mo«. Das Foto der Liga ent­stammt dem Pres­se­ma­te­ri­al ihres Labels.

Hier in der Nähe, a.k.a. im Rhein­land, spie­len die Gen­tle­men wäh­rend ihrer Tour im Übri­gen auch: am 28.9. im Gebäu­de 9 auf Kölns schäl Sick.

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