Apokalypse? Wow!

Löhrzeichen

Ein­mal mehr ist das Ende nah. Laut diver­ser düs­te­rer Vor­her­sa­gen wird die Welt dies­mal am 21. Dezem­ber 2012 unter­ge­hen. Wie immer haben fin­di­ge Pro­phe­ten ein Hin­ter­tür­chen ent­deckt, durch das ihre Schäf­chen der Apo­ka­lyp­se ent­kom­men kön­nen. Ihrer Theo­rie zufol­ge wird ein Dorf im Süden Frank­reichs ver­schont blei­ben. Was genau am letz­ten Tag der Welt in Bug­a­rach pas­sie­ren wird, ist noch nicht end­gül­tig durch­ex­er­ziert. Klar ist nur, dass der nahe gele­ge­ne Berg eine zen­tra­le Rol­le spielt: als Gara­ge für außer­ir­di­sche UFO-Ret­tungs­kap­seln oder als Ener­gie­zen­trum zum Bea­men in eine ande­re Dimen­si­on. Das genaue Pro­ce­de­re ist den Welt­un­ter­gangs­jün­gern ohne­hin herz­lich egal. In Scha­ren pil­gern sie zu dem einst­mals beschau­li­chen 200-See­len-Nest. Von den Ein­hei­mi­schen skep­tisch beäugt, wer­den sie von diver­sen Gurus, Sek­ten­füh­rern und Erleuch­te­ten mit offe­nen Armen und Kas­sen emp­fan­gen. Die Ret­tung gibt es nicht zum Nulltarif.

Seit jeher gehört die Losung »Sex sells« zum klei­nen Ein­mal­eins der Wer­be­stra­te­gie. Min­des­tens eben­so Absatz stei­gernd wirkt aller­dings das Her­auf­be­schwö­ren von Gefahr. Es muss ja nicht immer gleich der Welt­un­ter­gang sein. Gesund­heit, Ren­te, Hab und Gut: Es gibt so viel zu schüt­zen. Und so vie­le Men­schen möch­ten das für uns über­neh­men. Vom frag­wür­dig not­wen­di­gen Impf­stoff bis hin zu einer Woh­nungs­tür­schließ­an­la­ge Mar­ke »Fort Knox« ist der Tisch reich­lich gedeckt. Selbst an die Kin­der wird gedacht. Ver­si­che­run­gen bie­ten mitt­ler­wei­le Pake­te an, die die Alters­vor­sor­ge des eige­nen Nach­wuch­ses sichern sol­len – bei einer Lauf­zeit von bis zu 65 Jahren.

Doch nicht nur Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen las­sen sich durch Gefah­ren­hin­wei­se her­vor­ra­gend ver­kau­fen. Immer wie­der wer­den auch poli­ti­sche Ideen auf die­sem Wege an Mann und Frau gebracht. Fotos von aus­ge­brann­ten Luxus­li­mou­si­nen gehör­ten jüngst in Ber­lin zur Wahl­kampf­stra­te­gie vor allem der bür­ger­li­chen Par­tei­en. Bun­des­weit recht­fer­tigt die regel­mä­ßig ins Ram­pen­licht gezerr­te Ter­ror­ge­fahr Maß­nah­men wie Video­über­wa­chung, bio­me­tri­sche Aus­wei­se oder den stän­dig wie­der­keh­ren­den Ruf nach der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung. Wer nichts zu ver­ber­gen hat, ist doch ger­ne ein biss­chen glä­sern. Tau­sche Frei­heit gegen Sicher­heit. Wäh­rend­des­sen wirft die man­cher­orts auf­fäl­li­ge Prä­senz pri­va­ter Sicher­heits­fir­men im Stra­ßen­bild die Fra­ge auf, inwie­weit die­se über­haupt noch Staats­mo­no­pol ist. Im Namen der Gefah­ren­ab­wehr neh­men wir aber auch die zuneh­men­de Pri­va­ti­sie­rung unse­res Schut­zes als gege­ben hin. Haupt­sa­che, jemand ist da, der auf uns aufpasst.

Wir tra­gen kei­ne wei­ten, wal­len­den Gewän­der, wäh­rend wir der Gefahr Tri­but zol­len. Ansons­ten unter­schei­den wir ver­meint­lich Auf­ge­klär­ten uns nur mar­gi­nal von den Pil­gern in Bug­a­rach. Am Mor­gen des 22. Dezem­ber 2012 wer­den die­se in ihren Zel­ten erwa­chen, beim Bäcker an der Ecke ein Crois­sant kau­fen und sich schon bald dem nächs­ten Guru zuwen­den. Nach der Apo­ka­lyp­se ist vor der Apokalypse.

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